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Schadensersatz bei verspäteter Zielvorgabe: Rechte von Arbeitnehmenden bei variabler Vergütung

BAG: Arbeitgebende haften bei verspäteter Zielvorgabe für entgangene variable Vergütung

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 19. Februar 2025 (Az. 10 AZR 57/24) entschieden, dass Arbeitnehmende Anspruch auf Schadensersatz haben können, wenn Arbeitgebende ihre arbeitsvertragliche Pflicht zur rechtzeitigen Zielvorgabe verletzen – insbesondere dann, wenn diese Ziele Grundlage einer variablen Vergütung sind.

Hintergrund des Falls

Ein Mitarbeitender mit Führungsverantwortung klagte auf Schadensersatz, weil ihm im Jahr 2019 keine individuellen Ziele vorgegeben und die Unternehmensziele erst verspätet mitgeteilt wurden. Der Arbeitsvertrag sah eine variable Vergütung vor, die an zu Jahresbeginn zu vereinbarende Ziele gebunden war. Laut Betriebsvereinbarung hätten die Ziele bis spätestens zum 1. März des Jahres festgelegt werden müssen – tatsächlich erfolgte die Konkretisierung erst Mitte Oktober. Individuelle Ziele wurden gar nicht übermittelt.

Rechtlicher Kern des Urteils

Das Gericht stellte klar:

  • Eine unterlassene oder verspätete Zielvorgabe stellt einen schuldhaften Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten dar.
  • Ist eine motivierende und steuernde Wirkung der Zielsetzung nicht mehr erreichbar, kann ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 3 i.V.m. § 283 Satz 1 BGB bestehen.
  • Eine gerichtliche Festlegung der Ziele nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB scheidet in solchen Fällen aus, da der Zweck der Zielvorgabe zu diesem Zeitpunkt bereits verfehlt ist.

Konkrete Folgen für Arbeitgebende und Arbeitnehmende

Im konkreten Fall erhielt der klagende Mitarbeitende einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 16.035,94 Euro brutto zugesprochen. Das Gericht ging davon aus, dass bei rechtzeitiger Zielvorgabe 100 % der Unternehmensziele sowie 142 % der individuellen Ziele – basierend auf den Durchschnittswerten vergleichbarer Führungskräfte – erreicht worden wären. Ein Mitverschulden des Mitarbeitenden verneinte das Gericht ausdrücklich, da die Initiativverantwortung allein bei den Arbeitgebenden liegt.

Fazit für die arbeitsrechtliche Praxis

Arbeitgebende sind verpflichtet, Zielvorgaben klar, nachvollziehbar und fristgerecht zu übermitteln – insbesondere bei leistungsbezogenen Vergütungssystemen. Verspätungen oder unterlassene Vereinbarungen können zu erheblichen Haftungsrisiken führen.

Arbeitnehmende wiederum sollten prüfen lassen, ob ihnen ein Schadensersatzanspruch zusteht, wenn sie aufgrund fehlender Zielvorgaben Einbußen bei ihrer variablen Vergütung erlitten haben.

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