Der gesetzliche Sonderkündigungsschutz

Der gesetzliche Sonderkündigungsschutz der Arbeitnehmenden - wichtige Fälle und ein kaum bekannter Trick

Neben dem allgemeinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG), der für alle Arbeitnehmenden in Betrieben mit mehr als 10 Beschäftigten und nach einer Betriebszugehörigkeit von sechs Monaten gilt, kennt das deutsche Arbeitsrecht verschiedene Arten von Sonderkündigungsschutz, die bestimmte Arbeitnehmendengruppen vor einer Kündigung besonders schützen. Hier sind die wichtigsten Arten:

Die nachfolgenden Personen dürfen nur unter besonders strengen Bedingungen oder gar nicht gekündigt werden:

Schwangere und Mütter im Mutterschutz (§ 17 MuSchG)
Kündigungsschutz während der Schwangerschaft und bis 4 Monate nach der Entbindung.

Eltern in Elternzeit (§ 18 BEEG)
Kündigungsschutz während der Elternzeit sowie frühestens 8 Wochen vor deren Beginn.

Schwerbehinderte (§ 168 SGB IX)
Kündigung nur mit vorheriger Zustimmung des Inklusionsamtes.

Betriebsratsmitglieder (§ 15 KSchG, § 103 BetrVG)
Kündigung nur in extremen Ausnahmefällen mit Zustimmung des Betriebsrats.

Datenschutzbeauftragte (§ 6 Abs. 4 BDSG)
Kündigung nur mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde.

Auszubildende während der Berufsausbildung (§ 22 BBiG)
Kündigung nach der Probezeit nur in sehr engen Ausnahmefällen.

Wehrdienstleistende (§ 2 ArbPlSchG)
Kündigungsschutz während des Wehrdienstes.

In bestimmten Situationen genießen Arbeitnehmende ebenfalls Sonderkündigungsschutz:

Nach einer Betriebsratswahl (§ 15 Abs. 3 KSchG)
Wahlbewerber und ehemalige Betriebsratsmitglieder sind noch bis zu einem Jahr nach der Amtszeit besonders geschützt.

Bei Betriebsübergang (§ 613a BGB)
Kündigungen, die allein auf dem Betriebsübergang basieren, sind unzulässig.


All diesen Sonderkündigungsschutztatbeständen ist gemein, dass bestimmte Personengruppen und Arbeitnehmende in besonderen Umständen besonders geschützt werden sollen. Ebenso ist allen Sonderkündigungsschutztatbeständen gemein, dass man den Schutz nicht über Nacht, sozusagen von heute auf morgen erreichen kann. Aber ist das wirklich so? Oder gibt es nicht vielleicht doch für Arbeitnehmende einen speziellen Kniff, um sich einen solchen Schutz selbst zu verschaffen?

Eine wenig bekannt Ausnahme findet sich nämlich in § 15 Abs. 3b) des Kündigungsschutzgesetzes. Doch wer kann sich nach dieser Norm auf Sonderkündigungsschutz berufen? Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in einem Betrieb beschäftigt sind, in dem bislang kein Betriebsrat vorhanden ist und die eine öffentlich beglaubigte Erklärung abgeben, dass sie die Absicht haben, einen Betriebsrat zu errichten, genießen Schutz gegen ordentliche personenbedingte und ordentliche verhaltensbedingte Kündigungen.

Wie erhält man den Sonderkündigungsschutz? Es muss zunächst eine Erklärung mit etwa folgendem Inhalt verfasst werden:

Ich, Maximilian Muster, geboren am 01.01.1987, bin Arbeitnehmer der ABC GmbH mit Sitz in der XYZ-Straße in 12345 Ort. Ich beabsichtige, bei meinem Arbeitgeber an der Vorbereitung und Durchführung einer Betriebsratswahl mitzuwirken und einen Betriebsrat zu errichten.

Ort, Datum, Maximilian Muster


Diese Erklärung muss nur öffentlich beglaubigt werden. Das heißt, dass man mit einer entsprechend vorbereiteten Erklärung einen Notar aufsucht und seine Unterschrift von einem Notar beglaubigen lässt. Folge ist dann, dass nach Abgabe einer solchen Erklärung (die übrigens auch nirgendwo erscheinen muss) für einen Zeitraum von längstens drei Monate eine ordentliche verhaltensbedingte und eine ordentliche personenbedingte Kündigung unzulässig ist. Mit dem Einsatz von vielleicht weit unter fünfzig Euro kann man sich also auf der anderen Seite ein Vierteljahresgehalt sichern. Insbesondere bei im Raum stehenden verhaltensbedingten Kündigungen kann der Besuch des Notars wertvolle Zeit verschaffen und vor allem eine deutliche taktische Positionsverbesserung für die Zusage einer erheblichen Abfindung in einem Aufhebungsvertrag oder in einem Kündigungsschutzprozess herbeiführen.

Johannes Falch, MBA

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Zertifizierter Berater für Kündigungsschutzrecht (VdAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e.V.)

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Dr. iur. Rasso Graber, LL.M. (EUR.)

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