Interessant für Führungskräfte und leitende Angestellte

Virtuelle Aktienoptionen bei nachvertraglichem Wettbewerbsverbot: Bundesarbeitsgericht konkretisiert Berechnungsgrundlage der Karenzentschädigung

Aktuelles Urteil mit hoher Relevanz für leitende Angestellte und Führungskräfte

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 27. März 2025 eine wegweisende Entscheidung zur Karenzentschädigung nach einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot getroffen. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob Leistungen aus virtuellen Aktienoptionen in die Berechnung der Karenzentschädigung nach § 74 ff. HGB einfließen – ein Thema von wachsender Bedeutung, insbesondere für Führungskräfte in Start-ups, Tech-Unternehmen und kapitalmarktorientierten Gesellschaften.

Hintergrund des Falls: Aktienoptionen als variable Vergütung

Im zugrundeliegenden Fall hatte der Kläger – ein leitender Angestellter – neben einem festen Jahresgehalt auch virtuelle Aktienoptionen (VSOPs) erhalten. Diese Optionseinräumung war an eine sogenannte „Vesting Period“ gekoppelt und konnte nur unter bestimmten Voraussetzungen, wie z. B. einem Börsengang oder einem Unternehmensverkauf, ausgeübt werden.

Ein Teil der Optionen wurde noch während des laufenden Arbeitsverhältnisses ausgeübt und führte zu einem erheblichen geldwerten Vorteil. Weitere Optionen realisierte der Kläger allerdings erst nach dem Ausscheiden aus dem Unternehmen. Die zentrale Streitfrage lautete: Welche dieser Leistungen sind bei der Karenzentschädigung zu berücksichtigen?

Kernaussage des BAG: Nur im Arbeitsverhältnis ausgeübte Optionen sind relevant

Das BAG stellte klar:

  • Leistungen aus virtuellen Aktienoptionen, die im bestehenden Arbeitsverhältnis ausgeübt wurden, gelten als wechselnde Bezüge im Sinne des § 74b Abs. 2 HGB. Sie fließen in die Berechnung der Karenzentschädigung ein.
  • Optionsausübungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind nicht zu berücksichtigen. Sie stellen keine “zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen” dar (§ 74 Abs. 2 HGB).

Entscheidend sei dabei, dass es sich bei den Optionen um eine Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung handelt – vergleichbar mit Bonuszahlungen oder anderen variablen Entgeltbestandteilen. Für die Berechnung ist ein Durchschnitt über die letzten drei Jahre oder die Vertragslaufzeit maßgeblich, in diesem Fall 33 Monate.

Praktische Bedeutung für Führungskräfte mit Beteiligungsmodellen

Diese Entscheidung schafft Rechtssicherheit für Führungskräfte, die im Rahmen ihres Anstellungsvertrags an Unternehmenswertsteigerungen beteiligt werden – etwa über virtuelle Aktienoptionen, Phantom Shares oder ähnliche Beteiligungsinstrumente. Gerade bei Exit-Ereignissen, wie Börsengängen oder Unternehmensverkäufen, ist die Ausübung solcher Optionen häufig mit erheblichen Zahlungen verbunden.

Für die Geltendmachung einer Karenzentschädigung nach dem Ausscheiden gilt:

  • Frühzeitige Prüfung, wann Optionen ausgeübt wurden (vor oder nach Vertragsende).
  • Dokumentation der Vesting-Bedingungen und Ausübungszeitpunkte.
  • Juristische Einordnung der jeweiligen Vergütungskomponenten als fixe oder variable Bestandteile im Sinne der §§ 74 ff. HGB.

Fazit: Klarheit bei der Karenzentschädigung – gezielte Beratung ist entscheidend

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts stellt klar: Die Karenzentschädigung für ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot umfasst nur solche Zahlungen, die als arbeitsvertragliche Gegenleistung während des Beschäftigungsverhältnisses zufließen. Für leitende Angestellte mit komplexen Vergütungsmodellen ist eine präzise rechtliche Begleitung unerlässlich – sowohl bei der Gestaltung von Arbeitsverträgen als auch bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen.

Sie sind Führungskraft und haben Fragen zu virtuellen Aktienoptionen, Wettbewerbsverboten oder Karenzentschädigungen?

Unsere Kanzlei ist auf das Arbeitsrecht für leitende Angestellte und Führungskräfte spezialisiert. Kontaktieren Sie uns für eine maßgeschneiderte Beratung

Johannes Falch, MBA

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Dr. iur. Rasso Graber, LL.M. (EUR.)

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