Ein Interessenausgleich ist eine Vereinbarung zwischen dem Arbeitgebenden und dem Betriebsrat über das “Ob” und “Wie” einer geplanten Betriebsänderung. Der Interessenausgleich ist in § 111 BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz) geregelt und soll die Interessen der Arbeitnehmenden mit den unternehmerischen Entscheidungen in Einklang bringen.
Ein Interessenausgleich ist vorgeschrieben, wenn ein Unternehmen mit mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern eine betriebsändernde Maßnahme plant. Dazu zählen insbesondere:
Der Interessenausgleich hat das Ziel, die geplanten Änderungen für die Belegschaft so sozialverträglich wie möglich zu gestalten. Er enthält unter anderem:
Arbeitgebende sind verpflichtet, mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich ernsthaft zu verhandeln, aber nicht zwingend verpflichtet, sich zu einigen. Falls keine Einigung erzielt wird, kann der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Diese kann jedoch ebenfalls keinen Interessenausgleich erzwingen, sondern nur eine Empfehlung aussprechen. Ein Sozialplan ist von einem Interessenausgleich zu unterscheiden. Während der Interessenausgleich die Durchführung der Maßnahmen regelt, enthält der Sozialplan Regelungen über finanzielle und soziale Ausgleichsmaßnahmen für die Arbeitnehmenden (z. B. Abfindungen, Umschulungen, Hilfen bei der Stellensuche). Im Gegensatz zum Interessenausgleich ist ein Sozialplan vom Betriebsrat grundsätzlich erzwingbar.
Kommt es zu keiner Einigung, kann eine Einigungsstelle eingeschaltet werden. Diese besteht aus einem oder einer unabhängigen Vorsitzenden sowie einer gleichen Anzahl von Vertretern beider Seiten (Arbeitgebende und Betriebsrat). Die Einigungsstelle versucht, eine Lösung zu vermitteln. Sie kann jedoch keinen Interessenausgleich erzwingen, sondern nur eine Empfehlung aussprechen. Falls keine Einigung erzielt wird, kann der Arbeitgebende die Maßnahme vom Grundsatz her ohne weitere Sanktion umsetzen.
Falls Arbeitgebende eine Betriebsänderung ohne Interessenausgleich umsetzen, kann das nachteilige Folgen haben: Arbeitnehmende können einen Anspruch auf Nachteilsausgleich haben (§ 113 BetrVG). Der Nachteilsausgleich kann sich auf bis zu 18 Monatsgehälter belaufen. Ein entsprechender Anspruch besteht auch dann, wenn der Arbeitgebende von dem vereinbarten Interessenausgleich abweicht und der Arbeitnehmende entlassen wird oder andere wirtschaftliche Nachteile erleidet.
Sie ist eine schriftliche Aufstellung der konkret betroffenen Arbeitnehmenden, die im Rahmen einer Betriebsänderung (z. B. Restrukturierung, Standortverlagerung, Stilllegung) entlassen oder versetzt werden sollen. Die Namensliste dient dazu, die geplanten Personalmaßnahmen zu konkretisieren und führt sowohl für Arbeitgebende als auch für betroffenen Arbeitnehmenden zu weitreichenden rechtlichen Konsequenzen. Wenn eine Namensliste Bestandteil eines Interessenausgleichs ist, muss sie mit dem Interessenausgleich eine einheitliche Urkunde bilden. Es wird dann gem. § 1 Abs. 5 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) vermutet, dass die Sozialauswahl (also die Auswahl der zu kündigenden Arbeitnehmenden) richtig ist, und zwar im Hinblick auf die Vergleichbarkeit der Arbeitnehmenden und die eigentlichen Auswahlkriterien. Arbeitnehmende können die Sozialauswahl jedoch weiterhin gerichtlich überprüfen lassen. Der Prüfungsmaßstab bezieht sich dann jedoch nur auf "grobe Fehlerhaftigkeit". Gleichfalls vermutet wird gem. § 1 Abs. 5 KSchG, dass die Kündigung "betriebsbedingt" ist. Insoweit handelt es sich um eine gesetzliche Vermutung. Will der Arbeitnehmende sich auf fehlende Betriebsbedingtheit und auch fehlerhafte Sozialauswahl berufen, trägt er die Beweislast. Das erschwert dem Arbeitnehmenden das Führen eines Kündigungsschutzprozesses. Im "normalen" Kündigungsschutzprozess ist es nämlich genau umgekehrt. Dort muss der Arbeitgebende den oder die Kündigungsgründe darlegen und beweisen. Der Arbeitgebende kann sich im Übrigen bei Vorliegen eines Interessenausgleiches mit verbundender Namensliste nicht mehr beliebig umentscheiden – die in der Liste genannten Arbeitnehmenden sind festgelegt.
Ein Betroffenenprogramm ist eine Maßnahme, die Unternehmen im Zuge einer Betriebsänderung ergreifen, um die negativen Folgen für die betroffenen Arbeitnehmenden abzumildern. Es ist regelmäßig eng mit einem Sozialplan verbunden, kann aber auch unabhängig davon existieren. Das Hauptziel ist es, den von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmenden Unterstützung und Alternativen zu bieten, um ihre wirtschaftliche und berufliche Zukunft zu sichern. Typische Inhalte eines Betroffenenprogramms sind Umsetzung in eine andere Abteilung oder an einen anderen Standort, Umschulungen oder Qualifizierungen für eine neue Tätigkeit, externe Vermittlung und Unterstützung, Zusammenarbeit mit Transfergesellschaften, Unterstützung bei Bewerbungen (z. B. Bewerbungstrainings, Coaching), Finanzierung von Weiterbildungsmaßnahmen, freiwillige Abfindungsangebote für Arbeitnehmende, die das Unternehmen verlassen, verlängerte Kündigungsfristen oder Aufstockung des Arbeitslosengeldes, Frühverrentungsmodelle oder Teilzeitmodelle für einen schrittweisen Ausstieg.
Während der Sozialplan in der Regel finanzielle Ausgleichsmaßnahmen regelt, geht ein Betroffenenprogramm darüber hinaus, indem es meist konkrete Hilfen zur beruflichen Neuorientierung bietet. Ein Sozialplan kann ein Betroffenenprogramm beinhalten, muss es aber nicht. Ein Betroffenenprogramm basiert auf Freiwilligkeit. Zielsetzung ist es, den Arbeitnehmenden Angebote zur Vermeidung von betriebsbedingten Kündigungen zu machen. In diesem Rahmen werden dann häufig auch Abfindungsangebote gemacht, soweit einem arbeitsrechtlichen Aufhebungsvertrag zugestimmt werden würde. Sozialpläne enthalten dagegen normative Ansprüche auf Zahlung einer Abfindung für den Fall, dass Kündigungen ausgesprochen werden und diese vom Arbeitnehmenden nicht angegriffen werden oder aber vom Arbeitsgericht als rechtmäßig erachtet werden.
Das Thema Umstrukturierungen und darauf fußende Kündigungen ist im Zusammenhang mit Betrieben mit einem Betriebsrat (verfasste Betriebe) komplex. Es empfiehlt sich daher dringend sowohl für die Arbeitgebendenseite als auch für die Arbeitnehmendenseite, in einem möglichst frühen Stadium den Rat eines Fachanwalts für Arbeitsrecht zu erholen.
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