Die Krankenhausstruktur ist dadurch geprägt, dass sich Krankenhäuser oder ähnliche Einrichtungen der Pflege oder Rehabilitation in der Regel in Kliniken, Abteilungen oder Institute untergliedern. Zunehmend mehr sind dort auch medizinische Versorgungszentren zur Erbringung ambulanter ärztlicher Leistungen angesiedelt. Den betreffenden Abteilungen steht meist ein verantwortlicher Arzt (insbesondere Chefarzt) oder andere leitende Ärzte bzw. andere leitende Fachkräfte vor. Oftmals wird für die Leitungspositionen auch der Begriff Klinik(Pflege)-Direktor bzw. Klinik(Pflege)-Direktorin verwendet (insbesondere auch für kaufmännische Führungskräfte).
Der Chefarzt bzw. die Chefärztin ist nach weit überwiegender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur Arbeitnehmender bzw. Arbeitnehmende. Der zugrunde liegende Arbeitsvertrag wird in der Regel als Chefarztvertrag bezeichnet. Umstritten ist in der Praxis häufig die Frage, ob der Chefarzt als leitender Arzt auch „leitender Angestellter“ i. S. d. Kündigungsschutzrechtes und/oder des Betriebsverfassungsrechtes ist. Diese Frage ist jedoch eigentlich geklärt. Voraussetzung des leitenden Angestellten i. S. d. § 14 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) ist die Befugnis zur selbstständigen Einstellung oder Entlassung von anderen Arbeitnehmenden. Diese Befugnis muss im Außenverhältnis uneingeschränkt zustehen. In der Praxis werden solche Befugnisse regelmäßig aber nicht verliehen. Regelmäßig ist daher der Chefarzt kein leitender Angestellter i. S. d. § 14 KSchG. Das Kündigungsschutzgesetz ist auf das zugrundeliegende Arbeitsverhältnis demnach uneingeschränkt anwendbar.
Der Chefarzt ist damit kündigungsrechtlich in einer starken Position. Oder anders gewendet: Wäre dem Chefarzt bzw. der Chefärztin Einstellungsbefugnis oder Kündigungsbefugnis verliehen und müsste man damit von einer leitenden Angestelltenposition i. S. d. Kündigungsschutzrechtes ausgehen, hätte das zur Folge, dass der Arbeitgebende selbst bei fehlender sozialer Rechtfertigung einer Kündigung die Auflösung des Arbeitsverhältnisses ohne Begründung beantragen kann. Die Folge ist dann, dass das Arbeitsverhältnis nach § 10 KSchG gegen eine vom Arbeitsgericht nach Ermessen festzusetzende Abfindung aufgelöst wird. Das bedeutet weiter, dass sich der jeweilige Einrichtungsträger relativ leicht von seinem oder seiner leitenden Angestellten lösen kann. Der Chefarzt bzw. die Chefärztin kann es nicht verhindern.
Davon zu unterscheiden ist allerdings immer die Frage, ob der Chefarzt oder die Chefärztin nicht unabhängig davon leitende(r) Angestellte(r) i. S. d. Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) ist. Die Folge wäre, dass eine Unterrichtung des Betriebsrates vor Ausspruch einer Kündigung nicht zu erfolgen hätte. Hier verlangt das Gesetz jedoch (kumulativ) eine selbstständige Einstellungs- und Entlassungsbefugnis oder aber eine erhebliche wirtschaftliche Verantwortung für das Unternehmen. Auch hier ist es erfahrungsgemäß so, dass Chefarztpositionen mit entsprechend (weitreichenden) Befugnissen meist nicht ausgestattet sind. Auch vor diesem Hintergrund sind daher Chefärzte bzw. Chefärztinnen regelmäßig (normalen) Arbeitnehmenden gleichgestellt.
Wie an dem vorstehenden Chefarztbeispiel gezeigt, steht und fällt die Eigenschaft als leitender Angestellter i. S. d. Kündigungsschutzrechtes im Wesentlichen mit der Frage, ob zumindest eine selbstständige Einstellungsbefugnis oder Ausstellungsbefugnis besteht. Am ehesten in Frage kommen hier Arbeitnehmende in Personalabteilungen oder im kaufmännischen Bereich, die eine solche Befugnis erhalten haben. Die damit verbundene Machtfülle erweist sich damit als zweischneidig.
Wichtig ist jedoch immer, dass die entsprechende Befugnis tatsächlich besteht. Ausreichend wäre es keinesfalls, den Arbeitnehmenden im Arbeitsvertrag nur als leitenden Angestellten zu bezeichnen. Das wäre unbehelflich. Ein reiner „Titularangestellter“ wird nicht zum leitenden Angestellten i. S. d. Kündigungsschutzrechtes. Abzugrenzen ist in diesem Zusammenhang immer eine Angestelltentätigkeit von einer Tätigkeit als GmbH-Geschäftsführer oder AG-Vorstand. Entsprechende Organe genießen ausweislich des Kündigungsschutzgesetzes keinen Kündigungsschutz. Wichtig ist das beispielsweise für Klinikdirektoren bzw. -direktorinnen oder Chefärzte bzw. Chefärztinnen, die gleichzeitig als GmbH-Geschäftsführer/in fungieren.
Rechtsanwalt Johannes Falch, MBA ist langjähriger Fachanwalt für Arbeitsrecht und Fachanwalt für Medizinrecht. Er wurde zudem als Berater für leitende Angestellte/Führungskräfte vom VdAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. zertifiziert. Nehmen Sie daher gerne Kontakt mit uns auf.
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