Wann ist eine personenbedingte Kündigung erlaubt?

Personenbedingte Kündigung: Ein sensibles Feld im Arbeitsrecht

Die personenbedingte Kündigung ist eine besondere Form der ordentlichen Kündigung, die dann in Betracht kommt, wenn Arbeitnehmende aufgrund persönlicher Umstände nicht (mehr) in der Lage sind, ihre vertraglich geschuldete Leistung zu erbringen. Anders als bei der verhaltensbedingten Kündigung liegt hier kein schuldhaftes Fehlverhalten vor – die Ursache ist in der Person selbst begründet, etwa in einer Krankheit oder einem Verlust einer notwendigen Qualifikation.

Arbeitgebende müssen dabei hohe rechtliche Hürden überwinden. Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) verlangt eine umfassende Prüfung, ob das Arbeitsverhältnis durch die Einschränkung der arbeitsvertraglichen Leistungspflicht unzumutbar belastet wird – und ob mildere Mittel wie eine Versetzung möglich wären.

In welchen Fällen kommt eine personenbedingte Kündigung in Betracht?

Die personenbedingte Kündigung ist kein Instrument für kurzfristige oder vorübergehende Probleme. Sie setzt eine dauerhafte oder langfristige Leistungseinschränkung voraus, für die Arbeitnehmende keine Verantwortung tragen. Neben krankheitsbedingten Fällen gibt es weitere typische Konstellationen:

Erkrankung und gesundheitliche Einschränkungen

Krankheit ist der häufigste Anwendungsfall der personenbedingten Kündigung. Zwei Konstellationen stehen dabei im Fokus:

Bei häufigen Kurzerkrankungen (z. B. wiederholte Arbeitsunfähigkeiten über mehrere Jahre hinweg) kann eine Kündigung zulässig sein, wenn zu erwarten ist, dass sich diese Ausfälle auch künftig fortsetzen und dadurch betriebliche Abläufe oder wirtschaftliche Interessen erheblich gestört werden. Dabei sind Entgeltfortzahlungskosten, Planungsunsicherheiten oder eine dauerhafte Überlastung anderer Mitarbeitender zu berücksichtigen.

Bei lang andauernder Erkrankung (z. B. chronische Leiden, psychische Erkrankungen oder Reha-Fälle) ist entscheidend, ob in absehbarer Zeit mit einer Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit gerechnet werden kann. Ist dies nicht der Fall und eine Weiterbeschäftigung – auch auf einem leidensgerechten Arbeitsplatz – nicht möglich, kann eine personenbedingte Kündigung in Betracht gezogen werden.

Verlust der Arbeitserlaubnis

Verlieren Arbeitnehmende ihre Arbeitserlaubnis – etwa durch Ablauf oder Entziehung des Aufenthaltstitels – sind Arbeitgebende gesetzlich verpflichtet, das Beschäftigungsverhältnis zu beenden. In solchen Fällen liegt keine verhaltensbedingte, sondern eine personenbedingte Störung vor, da die arbeitsrechtliche Beschäftigungsgrundlage entfällt. Allerdings muss geprüft werden, ob der Verlust dauerhaft ist oder nur vorübergehender Natur – bei letzterem kann eine Kündigung rechtswidrig sein.

Verlust des Führerscheins bei fahrerabhängiger Tätigkeit

Ist die berufliche Tätigkeit zwingend an einen gültigen Führerschein gebunden – beispielsweise im Personen- oder Güterverkehr, Außendienst oder Lieferservice – und fällt dieser weg, kann auch das eine personenbedingte Kündigung begründen. Voraussetzung ist, dass keine andere zumutbare Tätigkeit ohne Fahrerlaubnis zur Verfügung steht und dass die Sperrzeit langfristig oder unbefristet ist.

Falls der Führerscheinverlust durch ein eigenes Fehlverhalten (z. B. Alkohol am Steuer) verursacht wurde, ist zusätzlich zu prüfen, ob auch eine verhaltensbedingte Kündigung vorliegt.

Verlust beruflicher Qualifikationen oder Eignung

In bestimmten Berufen ist das Vorhandensein besonderer Qualifikationen gesetzlich vorgeschrieben. Fällt etwa die Approbation von Ärztinnen oder Ärzten, die pädagogische Eignung bei Lehrkräften oder eine sicherheitsrelevante Zulassung im Objektschutz dauerhaft weg, können Arbeitgebende eine Kündigung aussprechen, wenn keine Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung besteht.

Auch der Verlust der körperlichen oder geistigen Eignung für eine Tätigkeit – etwa infolge eines Unfalls oder fortschreitender Erkrankung – kann eine personenbedingte Kündigung rechtfertigen, wenn die Einschränkung dauerhaft und nicht kompensierbar ist.

Rechtliche Voraussetzungen: Was Arbeitgebende beachten müssen

Selbst wenn ein personenbedingter Kündigungsgrund vorliegt, reicht das allein nicht aus. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verlangt die Erfüllung folgender Voraussetzungen:

  • Eine negative Prognose: Es muss mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die Arbeitsunfähigkeit oder Leistungseinschränkung auch zukünftig bestehen bleibt.
  • Eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen, z. B. durch finanzielle Verluste, Personalengpässe oder Organisationsprobleme.
  • Eine sorgfältige Interessenabwägung: Das Interesse der Arbeitgebenden an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses muss schwerer wiegen als das Interesse der Arbeitnehmenden an dessen Fortbestand. Hier spielen Dauer der Betriebszugehörigkeit, Alter, Unterhaltspflichten und Chancen auf dem Arbeitsmarkt eine Rolle.
  • Das Fehlen zumutbarer Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Unternehmen, etwa auf einem leidensgerechten Arbeitsplatz.

Das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM)

Wurde die Arbeitsunfähigkeit durch eine Erkrankung verursacht, müssen Arbeitgebende das gesetzlich vorgeschriebene betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) nach § 167 Abs. 2 SGB IX anbieten. Ziel des BEM ist es, Möglichkeiten zu finden, wie die Arbeitsunfähigkeit überwunden und der Arbeitsplatz erhalten werden kann – etwa durch Anpassung des Arbeitsumfelds, Reduzierung der Belastung oder Umorganisation von Arbeitsabläufen.

Ein fehlendes BEM macht die Kündigung nicht automatisch unwirksam, kann jedoch im Kündigungsschutzverfahren entscheidend sein. Arbeitgebende müssen dann darlegen, warum keine alternative Beschäftigung möglich war – ein Nachweis, der ohne BEM häufig schwerfällt.

Fazit: Differenzierte Prüfung erforderlich

Die personenbedingte Kündigung ist rechtlich zulässig, aber in der Praxis nur schwer durchzusetzen. Sie stellt stets das letzte Mittel dar und verlangt eine detaillierte Einzelfallprüfung. Arbeitgebende sollten keine vorschnellen Entscheidungen treffen, sondern eine juristisch fundierte Bewertung der Gesamtsituation vornehmen.

Für Arbeitnehmende gilt: Gegen eine personenbedingte Kündigung bestehen gute Verteidigungsmöglichkeiten – insbesondere bei unklarer Prognose, fehlendem BEM oder nicht ausreichend geprüftem Alternativarbeitsplatz. Eine Kündigungsschutzklage kann sich lohnen und kann häufig zu einer Abfindung führen.

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