Verhaltensbedingte Kündigungen zählen zu den häufigsten arbeitsrechtlichen Streitfällen. Sie werfen viele Fragen auf. Darf der Arbeitgebende kündigen, weil der Arbeitnehmende zu spät kam. Reicht ein einzelner Fehler aus. Muss vorher eine Abmahnung erfolgen. Und worin besteht der Unterschied zwischen einer ordentlichen und einer außerordentlichen Kündigung. In dieser Abhandlung klären wir, unter welchen Voraussetzungen eine verhaltensbedingte Kündigung rechtlich zulässig ist und was Betroffene unbedingt beachten sollten.
Bei einer verhaltensbedingten Kündigung kündigt der Arbeitgebende, weil der Arbeitnehmende schuldhaft gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen hat. Es geht dabei nicht um betriebliche Gründe wie beispielsweise einen Stellenabbau, sondern um Fehlverhalten, das dem Arbeitgebende die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar macht. Typische Beispiele hierfür sind unentschuldigtes Fehlen, häufiges Zuspätkommen, Arbeitsverweigerung, Beleidigung von Kollegen oder Vorgesetzten, unerlaubte private Nutzung von Internet oder Telefon am Arbeitsplatz, Verstöße gegen betriebliche Verbote wie Rauch- oder Alkoholverbote, Spesenbetrug oder auch Diebstahl und Unterschlagung.
Die ordentliche Kündigung erfolgt unter Einhaltung der vertraglich oder gesetzlich vorgeschriebenen Kündigungsfrist. Damit sie rechtlich wirksam ist, muss zunächst eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung vorliegen. Diese Pflichtverletzung muss dem Arbeitnehmende persönlich vorwerfbar sein, also entweder vorsätzlich oder zumindest fahrlässig erfolgt sein. In der Regel ist zudem eine vorherige Abmahnung erforderlich. Diese dient als Warnsignal und soll dem Arbeitnehmende eine Chance zur Verhaltensänderung geben. Die Abmahnung muss das Fehlverhalten konkret benennen, die Erwartung künftigen vertragsgemäßen Verhaltens verdeutlichen und eine Kündigung im Wiederholungsfall in Aussicht stellen. Fehlt eine solche Abmahnung, ist die Kündigung meist unwirksam. Ausnahmen gelten nur bei besonders schwerwiegenden Pflichtverstößen, bei denen eine Verhaltensänderung nicht zu erwarten ist. Schließlich ist eine umfassende Interessenabwägung erforderlich. Dabei müssen unter anderem die Dauer des Arbeitsverhältnisses, das bisherige Verhalten, das Alter des Arbeitnehmendes sowie dessen soziale Situation berücksichtigt werden. Nur wenn diese Abwägung zugunsten des Arbeitgebendes ausfällt, ist die Kündigung rechtmäßig.
Die außerordentliche Kündigung, auch fristlose Kündigung genannt, ist das äußerste Mittel im Arbeitsrecht. Sie beendet das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist und ist nur dann zulässig, wenn ein sogenannter wichtiger Grund vorliegt. Ein solcher Grund besteht, wenn dem Arbeitgebende unter Berücksichtigung aller Umstände und Interessen beider Seiten eine Weiterbeschäftigung selbst für wenige Wochen nicht mehr zumutbar ist. Typische Gründe für eine außerordentliche Kündigung sind schwere Pflichtverletzungen wie Diebstahl, Betrug, Körperverletzung, sexuelle Belästigung, massive Beleidigungen oder erhebliche Manipulationen bei der Arbeitszeiterfassung. In diesen Fällen kann auf eine vorherige Abmahnung verzichtet werden, wenn das Vertrauensverhältnis vollständig zerstört ist.
Der wesentliche Unterschied zwischen ordentlicher und außerordentlicher Kündigung liegt in der Einhaltung der Frist und der Schwere des Fehlverhaltens. Während bei einer ordentlichen Kündigung meist eine Abmahnung erforderlich ist und eine Kündigungsfrist eingehalten werden muss, ist bei einer außerordentlichen Kündigung eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses möglich. Dies allerdings nur bei besonders gravierenden Pflichtverletzungen, bei denen dem Arbeitgebende die Weiterführung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zuzumuten ist.
Fazit für die arbeitsrechtliche Praxis:
Arbeitnehmende, die eine verhaltensbedingte Kündigung erhalten haben, sollten umgehend rechtlichen Rat einholen. Viele Kündigungen sind angreifbar, etwa weil sie formale Mängel aufweisen, keine Abmahnung vorausging oder die Pflichtverletzung nicht hinreichend schwer war. Besonders wichtig ist die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage. Diese beträgt nur drei Wochen ab Zugang der Kündigung. Versäumt der Arbeitnehmende diese Frist, gilt die Kündigung als wirksam, selbst wenn sie materiell rechtswidrig war.
Aber auch aus Sicht eines Arbeitgebenden muss vor Ausspruch einer solchen Kündigung zur umfassenden Prüfung geraten werden. Erweist sich nämlich eine solche Kündigung als rechtsunwirksam, kann es gerade im Hinblick auf den entstehenden Annahmeverzugslohn oder im Hinblick auf eine Abfindung teuer werden.
Unsere Kanzlei unterstützt sowohl Arbeitnehmende als auch Arbeitgebende bei allen Fragen rund um die verhaltensbedingte Kündigung. Wir prüfen die Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage, formulieren rechtssichere Abmahnungen, begleiten Kündigungsverfahren strategisch und vertreten Sie engagiert vor dem Arbeitsgericht. Zudem unterstützen wir bei Vergleichsverhandlungen, um gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden. Kontaktieren Sie uns gerne für eine erste unverbindliche Einschätzung.
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