Wettbewerbsverbot während eines laufenden Kündigungsschutzverfahrens?

Wettbewerbsverbot nach Kündigung – dürfen Arbeitnehmende im Kündigungsschutzverfahren für die Konkurrenz tätig sein?

Kündigung erhalten – aber darf man jetzt schon für die Konkurrenz arbeiten?

Nach dem Ausspruch einer Kündigung durch die arbeitgebende Seite folgt häufig eine Kündigungsschutzklage. Während dieses laufenden Verfahrens ist unklar, ob das Arbeitsverhältnis wirksam beendet wurde. Für viele Arbeitnehmende stellt sich in dieser Situation eine zentrale Frage: Ist eine Beschäftigung bei einem Wettbewerbsunternehmen erlaubt – oder droht ein Verstoß gegen ein Wettbewerbsverbot?

Die Antwort ist juristisch anspruchsvoll: Auch wenn die Kündigung ausgesprochen wurde, bestehen häufig weiterhin rechtliche Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis. Ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot kann im schlimmsten Fall zu einer erneuten regelmäßig vorsorglich ausgesprochen und diesmal wirksamen Kündigung führen – mit massiven Folgen für Kündigungsschutz und Abfindung. Die eigentliche Kündigung kann unwirksam gewesen. Dies ändert aber nichts daran, dass ggf. die zweite (verhaltensbedingte) Kündigung wegen des Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot wirksam ist. Der Arbeitnehmende hätte sich dann selbst um den Arbeitsplatz oder zumindest eine Abfindung gebracht.

Arbeitsvertragliche Treuepflichten gelten fort – auch nach Kündigung

Das Bundesarbeitsgericht stellt klar: Wer als Arbeitnehmender per Kündigungsschutzklage um den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses kämpft, bleibt an die vertraglichen Nebenpflichten gebunden – insbesondere an das Verbot, dem bisherigen Arbeitgebenden konkurrenzierend gegenüberzutreten (Bundesarbeitsgericht, Urt. v. 23.10.2014 – 2 AZR 644/13; Bundesarbeitsgericht, Urt. v. 28.01.2010 – 2 AZR 1008/08).

Der Grundsatz lautet: Wer das Arbeitsverhältnis erhalten möchte, darf sich nicht gleichzeitig so verhalten, als sei es endgültig beendet.

Ein klarer Wettbewerbsverstoß kann in diesem Kontext eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen – auch dann, wenn die ursprüngliche Kündigung unrechtmäßig war. Die zweite Kündigung kann dadurch rechtswirksam und für die Arbeitnehmenden besonders folgenreich sein.

Kein automatisches Berufsverbot – aber Risiko bei unüberlegtem Handeln

Ein generelles Verbot jeglicher Beschäftigung in der gleichen Branche wäre jedoch rechtswidrig, wenn:

  • kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit Karenzentschädigung (§§ 74 ff. HGB) vereinbart wurde,
  • die arbeitgebende Seite weder Beschäftigung noch Vergütung anbietet,
  • und Arbeitnehmende finanziell auf eine neue Tätigkeit angewiesen sind.

Gleichzeitig genügt nicht der bloße Verdacht eines Wettbewerbsverstoßes – es müssen konkrete und nachvollziehbare Anhaltspunkte vorliegen. Die Rechtsprechung verlangt eine umfassende Interessenabwägung beider Seiten.

Vorsicht bei einstweiligen Verfügungen – keine Vorwegnahme der Hauptsache

Will eine Arbeitgebender die neue Tätigkeit gerichtlich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes untersagen lassen, droht ein Verfahrensfehler. Denn ob das Arbeitsverhältnis noch besteht, ist gerade Gegenstand des Hauptverfahrens – und darf nicht im Eilverfahren vorweggenommen werden.

Daher sind viele einstweilige Anträge in diesen Konstellationen unzulässig oder unbegründet.

Handlungsempfehlung: Rechtzeitig Klarheit schaffen – Fehler vermeiden

Für Arbeitnehmende gilt:

  • Jede neue Tätigkeit sollte vorab rechtlich geprüft werden, wenn sie im selben Tätigkeitsfeld oder in Konkurrenznähe liegt.
  • Ein Verstoß gegen ein fortbestehendes Wettbewerbsverbot kann eine zweite, wirksame Kündigung nach sich ziehen – mit Verlust von Kündigungsschutz, Gehaltsansprüchen oder Abfindung.

Für Arbeitgebende gilt:

  • Reagieren Sie nicht vorschnell, sondern holen Sie sich rechtlichen Rat ein.
  • Wettbewerbsverstöße müssen substanziiert nachgewiesen werden – bloße Mutmaßungen reichen nicht.

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Johannes Falch, MBA

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