Was ist eigentlich ein Pflichtteilsergänzungsanspruch?

Verschenken und Verschleudern des Erbes durch den Erblasser

Wenn nahestehende Angehörige beim Erbe leer ausgehen, obwohl ihnen ein Pflichtteil zusteht, gibt es oft Streit. Ein besonderer Schutzmechanismus des Gesetzgebers sorgt dafür, dass enterbte Kinder, Ehepartner oder Eltern nicht leer ausgehen, selbst wenn der Verstorbene zu Lebzeiten große Teile seines Vermögens verschenkt hat. Hier kommt der sogenannte Pflichtteilsergänzungsanspruch ins Spiel.

Pflichtteil – ein gesetzlicher Mindestanspruch

Zunächst ist es wichtig zu verstehen, was der „Pflichtteil“ ist: Er bezeichnet den gesetzlichen Mindestanteil am Nachlass, der bestimmten nahen Angehörigen zusteht – selbst dann, wenn sie im Testament enterbt wurden. Dazu zählen in erster Linie:

  • Kinder (auch adoptierte),
  • Ehegatten bzw. eingetragene Lebenspartner,
  • unter bestimmten Voraussetzungen auch die Eltern des Erblassers.

Der Pflichtteil besteht immer in Geld und beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.

Der Trick mit den Schenkungen – und warum er nicht aufgeht

Ein häufiger Fall in der Praxis: Der Erblasser verschenkt zu Lebzeiten sein Vermögen an andere Personen – z. B. an den Lieblingsenkel, an Freunde oder an einen gemeinnützigen Verein – mit dem Ziel, beim Tod möglichst „nichts mehr zu hinterlassen“. Enterbte Pflichtteilsberechtigte sollen so leer ausgehen.

Doch das Gesetz verhindert diesen Trick: Schenkungen, die der Erblasser in den letzten 10 Jahren vor seinem Tod gemacht hat, können bei der Berechnung des Pflichtteils berücksichtigt werden – durch den sogenannten Pflichtteilsergänzungsanspruch (§ 2325 BGB).

Wie funktioniert der Pflichtteilsergänzungsanspruch?

Pflichtteilsberechtigte können vom oder von der Beschenkten verlangen, dass die Schenkung dem Nachlass fiktiv hinzugerechnet wird. Daraus wird dann ein „künstlich erhöhter“ Nachlasswert berechnet, auf dessen Basis sich ein höherer Pflichtteil ergibt.

Ein Beispiel: Der Erblasser hat ein Vermögen von 100.000 Euro. Zwei Jahre vor seinem Tod verschenkt er zusätzlich ein Haus im Wert von 300.000 Euro an seinen Bruder. Ein enterbtes Kind kann nun verlangen, dass der Wert des Hauses bei der Pflichtteilsberechnung berücksichtigt wird. Der Nachlass wird also mit 400.000 Euro angesetzt, woraus sich ein deutlich höherer Pflichtteil ergibt.

Abschmelzung – je älter die Schenkung, desto geringer der Anspruch

Das Gesetz mildert den Pflichtteilsergänzungsanspruch im Laufe der Zeit ab. Denn: Mit jedem vollen Jahr, das seit der Schenkung vergangen ist, wird der ergänzungsrelevante Betrag um 10 % reduziert – bis er nach 10 Jahren vollständig „verfallen“ ist. Das nennt man auch das Abschmelzungsmodell.

Wichtig: Bei Schenkungen an Ehepartner beginnt diese 10-Jahres-Frist erst mit der Auflösung der Ehe – in der Regel also mit dem Tod. Solche Schenkungen werden daher in voller Höhe berücksichtigt, selbst wenn sie viele Jahre zurückliegen. Und wenn die Schenkung unter Zurückbehaltung z.B. eines lebenslangen Nießbrauchs- oder Wohnrechts erfolgt, fängt die 10-Jahres-Frist erst mit Beendigung dieses Rechts zu laufen an.

Was sollten Sie als Betroffener tun?

Wer glaubt, dass der Erblasser zu Lebzeiten Schenkungen gemacht hat, um den Nachlass künstlich zu verringern, sollte schnell handeln. Pflichtteilsansprüche und Pflichtteilsergänzungsansprüche verjähren innerhalb von drei Jahren, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Berechtigte davon wusste oder wissen musste.

Eine rechtzeitige juristische Beratung durch eine auf Erbrecht spezialisierte Kanzlei ist deshalb essenziell. Wir helfen Ihnen dabei, Ihre Ansprüche präzise zu prüfen, durchzusetzen und rechtssicher zu berechnen.

Unsere Stärke: Jahrzehntelange Prozesserfahrung im Erbrecht

Wir bei Falch & Partner sind seit Jahrzehnten forensisch erfahren – also regelmäßig und mit Nachdruck vor Gericht tätig. Wir kennen die Dynamik gerichtlicher Auseinandersetzungen ebenso wie die Taktiken der Gegenseite. Unsere Mandanten profitieren nicht nur von tiefem Fachwissen im Erbrecht, sondern auch von unserer Prozessstärke, Verhandlungskompetenz und strategischem Durchsetzungsvermögen.

Wenn es sein muss, setzen wir Ihren Pflichtteil – und den Pflichtteilsergänzungsanspruch – mit Entschlossenheit und Klarheit auch vor Gericht durch.

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Daniela Braig

Rechtsanwältin
Fachanwältin für Erbrecht
Wirtschaftsmediatorin

Michael Heinz, Diplom-Kaufmann (Univ.)

Steuerberater
Diplom-Kaufmann (Univ.)
Partner
Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e. V.)