Was ist eine Auskunfts- und Stufenklage im Pflichtteilsrecht?

Wenn der Erbe mauert

Pflichtteilsberechtigte haben nach dem Tod eines nahen Angehörigen häufig ein Problem: Sie wissen zwar, dass ihnen ein Pflichtteil zusteht – aber nicht, wie hoch der Nachlass ist. Der Erbe gibt oft keine oder nur unvollständige Auskünfte. Was dann?

In solchen Fällen bietet das Gesetz ein effektives Instrument: die Auskunfts- und Stufenklage. Doch was genau verbirgt sich dahinter?

Der Pflichtteil und das Problem mit der Nachlasshöhe

Wer vom Erblasser enterbt wurde, hat in der Regel Anspruch auf einen Pflichtteil in Geld – meist die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Doch um diesen Anspruch berechnen zu können, muss man wissen:

  • Was gehörte zum Nachlass?
  • Gab es Schenkungen zu Lebzeiten?
  • Welche Schulden sind abzuziehen?

Genau hier liegt der Knackpunkt: Pflichtteilsberechtigte sind auf Auskünfte und Belege vom Erben angewiesen. Und wenn der Erbe diese Informationen verweigert oder verzögert, bleibt nur der Weg zum Gericht – mithilfe der sogenannten Stufenklage.

Was ist eine Stufenklage?

Die Stufenklage ist eine besondere Klageart im Zivilrecht (§ 254 ZPO), die in mehreren „Stufen“ aufgebaut ist. Im Pflichtteilsrecht sieht sie typischerweise so aus:

  1. Stufe: Auskunft

Zunächst wird der Erbe auf vollständige Auskunft über den Nachlass verklagt. Dies ist erforderlich, um den Pflichtteilsanspruch überhaupt einmal berechnen zu können. Das umfasst:

  • ein vollständiges Verzeichnis aller Aktiva und Passiva (z. B. Immobilien, Konten, Wertgegenstände, Schulden),
  • auf Wunsch: ein notarielles Nachlassverzeichnis,
  • bei Verdacht auf Schenkungen: auch Angaben zu lebzeitigen Zuwendungen des Erblassers.
  1. Stufe: Wertermittlung (ggf. zusätzlich)

In vielen Fällen wird auch die Bewertung bestimmter Nachlassgegenstände (z. B. Immobilien, Kunstwerke) eingefordert. Dies kann die Einholung von Gutachten erfordern. Der Erbe muss bei der Wertermittlung mitwirken.

  1. Stufe: Zahlungsklage

Sobald die Auskünfte und Werte vorliegen, kann der Pflichtteilsberechtigte seinen Zahlungsanspruch beziffern und den Erben auf Zahlung verklagen.

Die Zahlung wird bereits in der ersten Stufe „angekündigt“, aber erst auf der letzten Stufe beziffert und entschieden.

Warum ist die Stufenklage so wichtig?

Die Stufenklage ist ein starkes Mittel für Pflichtteilsberechtigte, weil:

  • sie gerichtlich durchsetzbare Auskunft erzwingt,
  • Verzögerungen durch den Erben rechtlich unterbunden werden,
  • der Pflichtteilsanspruch vollumfänglich – von Auskunft bis Zahlung – in einem Verfahren behandelt wird,
  • bereits mit Klageerhebung Zinsen auf den späteren Anspruch laufen können.

Was droht dem Erben bei Verweigerung?

Ein Erbe, der sich weigert, Auskunft zu erteilen, riskiert:

  • eine gerichtliche Verurteilung zur Auskunft,
  • die Anordnung eines Zwangsgeldes oder Zwangshaft (§ 888 ZPO),
  • Kostenübernahme für das Verfahren,
  • Verzugszinsen auf den Pflichtteilsbetrag.

Im Extremfall kann eine bewusste Täuschung strafrechtliche Relevanz (etwa Betrug oder Urkundenunterdrückung) haben.

Fazit: Wer schweigt, verliert

Die Auskunfts- und Stufenklage ist das zentrale Instrument, um den Pflichtteil effektiv durchzusetzen, wenn der Erbe blockiert. Pflichtteilsberechtigte sollten nicht zögern, ihre Rechte mit anwaltlicher Hilfe konsequent einzufordern.

Erben wiederum sollten wissen: Wer auskunftspflichtig ist, muss handeln – alles andere kostet Zeit, Geld und Nerven.

Sie brauchen Unterstützung im Pflichtteilsrecht?

Unsere Kanzlei ist auf erbrechtliche Streitigkeiten spezialisiert – ob als Vertreter für Pflichtteilsberechtigte oder zur Verteidigung der Erben. Wir begleiten Sie zuverlässig durch alle Phasen – von der Auskunft bis zur Zahlung. Kontaktieren Sie uns gerne für ein Erstgespräch.

Daniela Braig

Rechtsanwältin
Fachanwältin für Erbrecht
Wirtschaftsmediatorin

Michael Heinz, Diplom-Kaufmann (Univ.)

Steuerberater
Diplom-Kaufmann (Univ.)
Partner
Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e. V.)