Zahnarzthaftungsrecht

Das Nachbesserungsrecht im Zahnarzthaftungsrecht und häufige Missverständnisse auf Patientenseite

Grundsätzlich schuldet der Zahnarzt bzw. die Zahnärztin im Rahmen des Behandlungsvertrags nur die sachgerechte Behandlung. Diese muss dem zahnärztlichen Standard entsprechen, also lege artis erfolgen. Die Erbringung eines „Erfolgs“ ist grundsätzlich nicht geschuldet. Bei der Erstellung von Zahnersatz gibt es allerdings eine Besonderheit. In diesem Zusammenhang schuldet der Zahnarzt bzw. die Zahnärztin nämlich einen gewissen Erfolg in Gestalt des geschuldeten mängelfreien Zahnersatzes. Die Erstellung von individualisiertem Zahnersatz ist oftmals nicht auf Anhieb möglich. Die Rechtsprechung erkennt daher an, dass der Zahnarzt bzw. die Zahnärztin bei einer prothetisch noch nicht beendeten Behandlung das Recht hat, durch Korrekturmaßnahmen einen funktionstüchtigen und beschwerdefrei zu tragenden Zahnersatz herzustellen. Davon ist auch das Recht umfasst, ggf. eine Neuanfertigung des Zahnersatzes herzustellen. Rechtlicher Hintergrund ist, dass der Zahnarzt bzw. die Zahnärztin das Recht zur zweiten Andienung zusteht, weil in der Herstellung von prothetischem Zahnersatz eine Art Erfolg geschuldet wird (Werkvertragselement).

Das Nachbesserungsrecht des Zahnarztes bzw. der Zahnärztin bezieht sich somit auf das Recht, eine fehlerhafte zahnärztliche Leistung zu korrigieren, wenn diese Mängel aufweist. Das bedeutet, wenn der Zahnarzt bzw. die Zahnärztin beispielsweise eine Behandlung oder Versorgung durchführt (wie eine Füllung, Krone oder Prothese), die nicht ordnungsgemäß ist oder nicht den vereinbarten Standards entspricht, kann die Behandlerseite gemäß den allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen zur Mängelhaftung verpflichtet sein, den Mangel zu beheben. Dieses Recht kommt der Bahndlerseite in der Regel auch zu Gute, da sie auf diese Weise den Mangel kostengünstig durch Eigenleistung oder durch Einschaltung des internen Labors beheben lassen kann.

Bei Mängeln in der Zahnersatzversorgung muss der Patient zunächst eine Mängelrüge erheben. Wenn der Patient also feststellt, dass die Behandlung oder Versorgung mangelhaft ist (z. B. eine Krone sitzt nicht richtig oder eine Füllung verursacht Beschwerden), muss er den Zahnarzt bzw. die Zahnärztin auf den Mangel hinweisen. Dem Zahnarzt bzw. der Zahnärztin steht sodann ein Recht zur Nachbesserung zu. Der Zahnarzt bzw. die Zahnärztin hat demnach grundsätzlich das Recht, den Mangel selbst zu beheben. Dies erfolgt durch eine Nachbesserung, also die erneute Behandlung oder die Anpassung der fehlerhaften zahnärztlichen Arbeit. Der Patient sollte sodann eine Frist zur Nachbesserung setzen, um den Zahnarzt bzw. die Zahnärztin in Verzug zu setzen. Falls der Zahnarzt bzw. die Zahnärztin den Mangel nicht innerhalb der Frist behebt oder dies nicht möglich ist, kann der Patient weitergehende Rechte geltend machen, wie z. B. Rückzahlung des Honorars oder Schadensersatz. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang unbedingt die Verjährung. Mängelansprüche unterliegen einer Verjährungsfrist, die in der Regel zwei Jahre ab der Abnahme der Behandlung beträgt. Diese Frist kann sich in bestimmten Fällen verlängern oder verkürzen, je nach Umständen des jeweiligen Einzelfalles.

Eine Nachbesserung durch den Zahnarzt bzw. die Zahnärztin kann jedoch im Einzelfall unzumutbar sein. Den Einwand der Unzumutbarkeit kann sowohl der Zahnarzt bzw. die Zahnärztin als auch der Patient erheben. Es gibt verschiedene Situationen, in denen dies der Fall sein könnte. Der Aufwand zur Behebung des Mangels kann beispielsweise unverhältnismäßig sein. Wenn der Aufwand, den der Zahnarzt bzw. die Zahnärztin für die Nachbesserung aufwenden müsste, in keinem vernünftigen Verhältnis zum Mangel steht. Zum Beispiel, wenn der Mangel nur geringfügig ist, die Nachbesserung jedoch erhebliche zusätzliche Kosten oder sehr viel Zeit erfordern würde. Die Nachbesserung kann des Weiteren auch unmöglich sein. Wenn die Nachbesserung des Fehlers technisch nicht möglich ist oder wenn die benötigten Materialien nicht mehr verfügbar sind, kann sich die Nachbesserung als unmöglich erweisen. In solchen Fällen kann der Zahnarzt bzw. die Zahnärztin nicht mehr in der Lage sein, den Mangel zu beheben. Auf Seiten des Patienten führt in der Praxis oftmals ein erheblicher Vertrauensverlust dazu, die Nachbesserung als unzumutbar erscheinen zu lassen. Eine solche Situation ist insbesondere dann gegeben, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen Zahnarzt bzw. Zahnärztin und Patient so stark gestört ist, dass eine Nachbesserung nicht mehr sinnvoll erscheint. Beispielsweise, wenn der Patient keinen weiteren Kontakt mit dem Zahnarzt bzw. der Zahnärztin wünscht, da es zu Beleidigungen oder Praxisverweisungen gekommen ist oder sich der Zahnarzt bzw. die Zahnärztin fachlich oder zwischenmenschlich als ungeeignet für die Nachbesserung betrachtet. Das Recht des Zahnarzt bzw. der Zahnärztin, den Mangel zu beheben, kann auch dann entfallen, wenn eine Nachbesserung gesundheitliche Risiken für den Patienten darstellen würde (z. B. bei einer fehlerhaften Behandlung, die nicht mehr korrigiert werden kann, ohne den Patienten einem weiteren Risiko auszusetzen, insbesondere wenn erhebliche Entzündungen drohen, weil der Zahnersatz in Gänze unbrauchbar ist). Zu beachten ist darüber hinaus, dass der Zahnarzt bzw. die Zahnärztin die Nachbesserung verweigern kann, wenn der der Patient die Nachbesserung unzumutbar verzögert oder die Mängelrüge erst zu spät einreicht. In diesem Fall könnte es für den Zahnarzt bzw. die Zahnärztin unzumutbar werden, den Mangel nach so viel Zeit noch zu beheben. Ob im konkreten Fall eine Nachbesserung unzumutbar erscheint, kann nicht pauschal beantwortet werden. Es bedarf vielmehr stets einer umfassenden Gesamtabwägung des Einzelfalles. Ist die Mängelbehebung durch den Behandelnden ausgeschlossen, kann der Patient weitergehende Rechte geltend machen, etwa auf Rückzahlung der Behandlungskosten, Schadensersatz in Höhe der bei einem Nachbehandelnden erforderlich werdenden Mängelbeseitigungskosten oder Kosten für die Neuanfertigung von Zahnersatz oder Schmerzengeld für die infolge des fehlerhaften Zahnersatzes erlittenen immateriellen Beeinträchtigungen.

Johannes Falch, MBA

Rechtsanwalt
Partner
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Medizinrecht

Zertifizierter Berater für Kündigungsschutzrecht (VdAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e.V.)

Zertifizierter Berater Arbeitsrecht für leitende Angestellte/Führungskräfte (VdAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e.V.)

Patricia Jaritz, LL.M. (MedR)

Rechtsanwältin
Fachanwältin für Medizinrecht
Dipl.-Juristin