Das Vertragsarztrecht (bzw. Vertragszahnarztrecht) regelt die ambulante medizinische und zahnmedizinische Versorgung in Deutschland für gesetzlich Versicherte (GKV). Es definiert die Rechte und Pflichten der Vertragsärzte bzw. Vertragsärztinnen und Vertragszahnärzte bzw. Vertragszahnärztinnen sowie deren Verhältnis zu den Kassenärztlichen Vereinigungen (z. B. KV Bayern bzw. KZV Bayern) und den gesetzlichen Krankenkassen.
Das Vertragsarztrecht bzw. Vertragszahnarztrecht soll dafür sorgen, dass gesetzlich Versicherte in Deutschland eine flächendeckende, qualitativ hochwertige ambulante medizinische und zahnmedizinische Versorgung erhalten. Das Vertragsarztrecht bzw. Vertragszahnarztrecht wurde früher unter dem Begriff Kassenarztrecht geführt. Man sprach vom Kassenarzt bzw. von der Kassenärztin. Wesentliche Merkmale des Vertragsarztrechts sind vor allem folgende:
Ärzte und Zahnärzte benötigen eine Zulassung, um gesetzlich Versicherte behandeln und mit den Krankenkassen abrechnen zu dürfen. Die Zulassung erfolgt über die Kassenärztliche Vereinigung und unterliegt bestimmten Bedingungen (z. B. Facharztqualifikation, Bedarfsplanung). Vertragsärzte und Vertragszahnärzte sind automatisch Mitglieder der zuständigen KV/KZV, die ihre Interessen gegenüber den Krankenkassen vertritt.
Die KV/KZV übernimmt auch die Abrechnung und Verteilung der Honorare. Die Leistungen werden nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) bzw. der Gebührenordnung für Zahnärzte (BEMA) abgerechnet. Die Vergütung erfolgt nicht direkt durch den Patienten, sondern über die KV/KZV.
Vertragsärzte unterliegen bestimmten Pflichten, etwa zur Teilnahme an der kassenärztlichen bzw. kassenzahnärztlichen Versorgung, zur Dokumentation und zur Einhaltung der Wirtschaftlichkeit, Residenzpflicht, Teilnahme am Notdienst, Sprechstundenpflicht. Sie müssen sich an gesetzliche Vorgaben halten, beispielsweise hinsichtlich der Arbeitszeiten oder Kooperationsformen mit anderen Ärzten.
Ein besonders wichtiger Bestandteil des Vertragsarztrechts bzw. Vertragszahnarztrechts ist der Sicherstellungsauftrag. Die Kassenärztlichen Vereinigungen bzw. Kassenzahnärztlichen Vereinigungen sind gesetzlich verpflichtet, die medizinische und zahnmedizinische Versorgung der gesetzlich Versicherten sicherzustellen. Zu diesem System der gesetzlichen Krankenversicherung gehört auch, dass überall in Deutschland genügend Ärzte und Ärztinnen zur Verfügung stehen, auch in ländlichen Regionen. Falls zu wenige Ärzte in bestimmten Gebieten arbeiten, können die KVen/KVZ Maßnahmen ergreifen, wie finanzielle Anreize für Ärzte und Ärztinnen, die Errichtung medizinischer Versorgungszentren (MVZ), die Eröffnung telemedizinischer Versorgungsformen inkl. Videosprechstunden oder die Unterstützung von videogestützten ärztlichen Leistungen in Apotheken („Gesundheitsboxen“). Der Sicherstellungsauftrag umfasst auch die Organisation des ärztlichen Notdienstes außerhalb der regulären Sprechzeiten. Hier besteht Teilnahmepflicht.
Welche Sanktionen drohen einem Vertragsarzt/-ärztin oder Vertragszahnarzt/-zahnärztin bei Verstößen gegen die Pflichten als Mitglied der kassenärztlichen Vereinigung bzw. kassenzahnärztlichen Vereinigung?
Ein Vertragsarzt bzw. eine Vertragsärztin oder Vertragszahnarzt/Vertragszahnärztin, der oder die gegen seine oder ihre Pflichten als Mitglied der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) oder Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) verstößt, kann mit verschiedenen Sanktionen belegt werden. Diese Maßnahmen dienen dazu, Verstöße zu ahnden und die Einhaltung der gesetzlichen und vertraglichen Regelungen sicherzustellen. Im Einzelnen:
Der Arzt bzw. die Ärztin kann von der KV/KZV auf sein/ihr Fehlverhalten hingewiesen und abgemahnt werden. Er/sie kann aufgefordert werden, bestimmte Auflagen zu erfüllen, z. B. Dokumentationsmängel zu beheben oder Fortbildungen nachzuholen. Bei wiederholten oder schwerwiegenden Verstößen können formale Disziplinarmaßnahmen erfolgen.
Die KV/KZV kann Honorare für nicht ordnungsgemäß erbrachte oder unwirtschaftliche Leistungen kürzen. Falls überhöhte oder unzulässige Abrechnungen festgestellt werden, kann die KV/KZV Rückforderungen erheben. In besonders schweren Fällen kann eine Geldbuße verhängt werden.
Wenn ein Arzt/eine Ärztin wiederholt oder erheblich gegen seine oder ihre Pflichten verstößt, kann ihm/ihr die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung entzogen werden. Der Arzt/Ärztin kann für einen bestimmten Zeitraum oder dauerhaft von der Tätigkeit als Vertragsarzt/Vertragsärztin ausgeschlossen werden. Verstöße können berufsrechtliche Verfahren nach sich ziehen, die bis zum Approbationsentzug führen können. Bei Straftatbeständen wie Abrechnungsbetrug, Korruption oder Urkundenfälschung drohen strafrechtliche Ermittlungen, Geldstrafen oder Freiheitsstrafen. Falls der Verstoß zu finanziellen Schäden führt, kann der Arzt/Ärztin von der Krankenkasse oder betroffenen Patienten auf Schadensersatz und/oder Schmerzensgeld haftbar gemacht werden.
Typische Pflichtverstöße mit Sanktionen können Folgende sein:
• Fehlerhafte oder manipulierte Abrechnung
• Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot
• Mangelhafte Dokumentation oder Nichterfüllung von Fortbildungspflichten
• Verweigerung der Behandlung von gesetzlich Versicherten ohne rechtfertigenden Grund
• Unzulässige Kooperationen mit Pharmaunternehmen oder anderen wirtschaftlichen Interessensgruppen