Berufsunfähigkeitsversicherung

Die Berufsunfähigkeitsversicherung und die Sicherung des Einkommens im Ernstfall

Wer eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) abgeschlossen hat, möchte sich vor den finanziellen Folgen eines dauerhaften Verlustes der Arbeitsfähigkeit schützen. Eine Berufsunfähigkeitsversicherung soll das Risiko decken, wenn der Versicherungsnehmer oder die Versicherungsnehmerin aus gesundheitlichen Gründen seinen oder ihren zuletzt ausgeübten Beruf für eine längere Zeit oder auch auf Dauer nicht mehr ausüben kann. Die Berufsunfähigkeitsversicherung soll somit eine Absicherung für Erwerbstätige sein, da sie den Einkommensausfall infolge von Krankheit oder Unfall abfedern und eine monatliche Rente leisten soll.

Unterschied zur Arbeitsunfähigkeit

Dabei darf die Berufsunfähigkeit nicht mit einer Arbeitsunfähigkeit verwechselt werden. Arbeitsunfähigkeit ist eine relativ kurzer, nur vorübergehender Zustand, zum Beispiel aufgrund einer Krankheit. Hier ist voraussehbar, dass nach der Genesung innerhalb eines vorhersehbaren Zeitraums wieder gearbeitet werden kann. Bei einer Berufsunfähigkeit liegt hingegen eine dauerhafte Einschränkung der Berufsausübung vor.

Vertragsgestaltung

Im Gegensatz zu anderen Versicherungsarten ist die Berufsunfähigkeitsversicherung sehr individuell gestaltbar. Die Höhe der BU-Rente wird im Vertrag im Voraus festgelegt. Dabei sollte die Rente idealerweise so bemessen sein, dass sie den Lebensunterhalt decken kann, falls der Versicherungsnehmer oder die Versicherungsnehmerin dauerhaft nicht mehr arbeiten kann. Besonders wichtig ist es, den Vertrag an die jeweilige berufliche Situation und das Einkommen anzupassen, um eine ausreichende Absicherung zu gewährleisten. Bei der Berufsunfähigkeit handelt es sich um eine so genannte Summenversicherung, bei der im Versicherungsfall eine bestimmte Summe ausbezahlt wird, unabhängig davon, wie hoch der eigentliche Schaden durch den Verlust der Berufsfähigkeit ist.

Gründe für Leistungsablehnung

In der Praxis kommt es bei der Berufsunfähigkeitsversicherung immer wieder zu Leistungsablehnungen der Versicherer. Versicherer neigen häufig dazu, eine Berufsunfähigkeit im Sinne der Versicherungsbedingungen vorschnell abzulehnen. Dies erfolgt oft mit der Begründung, dass keine ausreichenden Nachweise über die gesundheitliche Einschränkung erbracht wurden oder die Berufsunfähigkeit nicht eindeutig festgestellt werden kann. Zudem werfen Versicherer gerne die Frage auf, ob der Versicherungsnehmer oder die Versicherungsnehmerin nicht doch eine andere zumutbare Tätigkeit ausüben könnte.

Beweislast

Im Streitfall liegt die Beweislast für das Vorliegen der Berufsunfähigkeit grundsätzlich bei den Versicherungsnehmern. Diese müssen belegen, dass ihr Beruf zu mindestens 50 % nicht mehr ausgeübt werden kann und die gesundheitlichen Einschränkungen andauern. Um den Nachweispflichten nachzukommen, sollten Versicherungsnehmer frühzeitig sämtliche Dokumente sammeln, die ihre gesundheitliche Situation belegen. Das umfasst ärztliche Diagnosen, Therapiepläne sowie Bescheinigungen über die berufliche Situation. Es ist zudem ratsam, regelmäßige Berichte über den Verlauf der Erkrankung oder Einschränkung anzufordern, um eine lückenlose Dokumentation sicherzustellen. Ebenso dokumentiert werden sollte der typische Ablauf eines Arbeitstages, damit konkret dargestellt werden kann, welche Tätigkeiten ausgeübt wurden und bei Eintritt der Berufsunfähigkeit nicht mehr ausgeübt werden können.

Nachversicherungsgarantie und Dynamik

Viele Berufsunfähigkeitsversicherungsverträge bieten die Möglichkeit, die versicherte Rente im Laufe des Lebens an veränderte Lebensumstände anzupassen, etwa bei einem Gehaltsanstieg oder der Geburt eines Kindes. Diese sogenannte Nachversicherungsgarantie ermöglicht es, die Absicherung ohne erneute Gesundheitsprüfung zu erhöhen. Auch kann eine Dynamik vereinbart werden, bei der die Rente jedes Jahr automatisch um einen vereinbarten Prozentsatz steigt. Versicherungsnehmer sollten diese Optionen nutzen, um ihre Versicherung stets auf dem aktuellen Stand zu halten und eine „Unterversicherung“ z.B. durch steigende Inflation zu vermeiden.

Fazit

Versicherungsnehmer sollten sich bewusst sein, dass die Auszahlung der Berufsunfähigkeitsrente oftmals erst erkämpft werden muss. Um den Versicherern keine Möglichkeit zu bieten, sich ihrer Eintrittspflicht zu entziehen, ist eine umfassende Dokumentation der gesundheitlichen Einschränkungen und deren Nachweis von entscheidender Bedeutung. Der Umgang mit Versicherern bietet bekanntermaßen viele Fallstricke. Nachdem in Fällen der vorliegenden Art häufig hohe Summen im Raum stehen und die Versicherungsleistung oft existenziell ist, sollte frühzeitig ein erfahrener Fachanwalt für Versicherungsrecht eingeschaltet werden.

Dr. iur. Rasso Graber, LL.M. (EUR.)

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Nagihan Kaplan

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