Der Versicherungsfall im Arbeitsrechtschutz

Wann liegt ein Versicherungsfall im Arbeitsrecht vor – und was bedeutet das bei Kündigung, Zeugnis oder Wettbewerbsverbot?

Wer eine Kündigung erhält, steht meist plötzlich vor einer ganzen Reihe arbeitsrechtlicher Fragen: Was tun gegen die Kündigung? Wie reagiere ich auf das Arbeitszeugnis? Muss ich ein Wettbewerbsverbot hinnehmen? Viele Arbeitnehmer verlassen sich in dieser Situation auf ihre Rechtsschutzversicherung. Doch ob und wann die Versicherung zahlt, hängt maßgeblich davon ab, wann der sogenannte Versicherungsfall eingetreten ist – und das ist komplexer, als es auf den ersten Blick scheint.

Der Versicherungsfall bei Kündigung – maßgeblich ist der Zugang

Im Arbeitsrecht tritt der Versicherungsfall mit dem Zugang der Kündigung beim Arbeitnehmer ein. Das bedeutet: Sobald Sie die Kündigung erhalten – egal ob persönlich, per Post oder über Boten – ist der rechtliche Konflikt ausgelöst, und der Versicherungsfall beginnt in diesem Moment.

Ab diesem Zeitpunkt sind in der Regel alle rechtlichen Schritte rund um die Kündigung gedeckt – insbesondere die Kündigungsschutzklage, Verhandlungen über eine Abfindung oder Streitigkeiten über die Kündigungsfrist. Auch wenn die Rechtsschutzversicherung in ihren Bedingungen davon spricht, dass “die Wahrnehmung rechtlicher Interessen erforderlich wird”, zählt nicht der spätere Anwaltstermin, sondern der objektiv erkennbare Beginn des rechtlichen Problems – hier: die Kündigung.

Was ist mit späteren Streitpunkten wie Zeugnis oder Wettbewerbsverbot?

In vielen Fällen entstehen nach der Kündigung Folgestreitigkeiten, z. B.:

  • über den Inhalt und die Bewertung im Arbeitszeugnis
  • über die Wirksamkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots
  • über die Herausgabe von Arbeitspapieren oder Urlaubsabgeltung

Auch wenn diese rechtlichen Auseinandersetzungen zeitlich nach der Kündigung auftreten, gelten sie häufig noch als Teil des ursprünglichen Versicherungsfalls – weil sie unmittelbar mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zusammenhängen. Versicherungen neigen allerdings dazu, diese Streitpunkte künstlich als „neue“ Versicherungsfälle zu behandeln, insbesondere wenn sie sich auf ein späteres Datum beziehen. Das Ziel: Deckung ablehnen oder erneut eine Wartezeit geltend machen.

Als Fachanwaltskanzlei für Arbeitsrecht und Versicherungsrecht wissen wir genau, wie Versicherer hier argumentieren – und wie man diesen Taktiken mit rechtlicher Klarheit entgegentritt. In der Regel kann belegt werden, dass Zeugniskonflikte, Wettbewerbsverbote oder ähnliche Themen in engem Zusammenhang mit der Kündigung stehen – und deshalb vom ursprünglichen Versicherungsfall umfasst sind.

Warum der exakte Zeitpunkt so entscheidend ist

Die Unterscheidung ist nicht nur juristische Theorie – sie entscheidet darüber, ob Ihre Rechtsschutzversicherung zahlt oder nicht. Liegt der Versicherungsfall nach Beginn der Police und außerhalb der Wartezeit, ist der Versicherungsschutz aktiv. Ist der Zeitpunkt jedoch vor Vertragsabschluss oder innerhalb der Wartefrist, kann die Deckung verweigert werden – auch dann, wenn sich der Konflikt scheinbar erst später entwickelt hat.

Unser Rat: Lassen Sie sich rechtzeitig beraten

Gerade im Arbeitsrecht ist der Teufel oft im Detail. Deshalb empfehlen wir: Holen Sie frühzeitig anwaltlichen Rat ein – nicht erst bei der Klage, sondern schon bei Erhalt der Kündigung. So lassen sich Fristen wahren, Chancen besser nutzen und der Versicherungsfall präzise dokumentieren.

Unsere Kanzlei ist auf Arbeitsrecht, Versicherungsrecht und Medizinrecht spezialisiert. Mit fundierter Erfahrung, taktischem Verhandlungsgeschick und tiefem Verständnis der Versicherungsbedingungen setzen wir uns für Ihre Rechte ein – auch dann, wenn Ihre Rechtsschutzversicherung zögert.

Dr. iur. Rasso Graber, LL.M. (EUR.)

Rechtsanwalt
Partner
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht

Nagihan Kaplan

Rechtsanwältin