Krankentagegeldversicherung

Die Voraussetzung der Versicherungsfähigkeit im Rahmen der privaten Krankentagegeldversicherung 

Wer privat krankheitskostenversichert ist, hat in der Regel auch einen Versicherungsvertrag über eine Krankentagegeldversicherung abgeschlossen. Bei der Krankentagegeldversicherung handelt es sich um eine Zusatzleistung, die in der Regel bei länger andauernder Krankheit bezahlt werden muss. Anders als bei der gesetzlichen Krankenversicherung ist es bei der privaten Krankentagegeldversicherung möglich, die Höhe des Krankentagegelds durch vertragliche Vereinbarung im Vorhinein festzulegen und so beispielsweise auch einen Einkommensausfall bei Krankheit vollständig abzufedern.

Insbesondere dann, wenn sich Arbeitslosigkeit und krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit überschneiden, wird von Versicherern gerade bei älteren Versicherungsnehmern gerne die Frage der fehlenden Versicherungsfähigkeit in den Raum gestellt und die Zahlung des Krankentagegeldes eingestellt oder unter Vorbehalt gestellt und auch gezahltes Krankentagegeld zurückgefordert. Warum ist das so?

In der Regel liegen den Verträgen über eine private Krankentagegeldversicherung allgemeine Versicherungsbedingungen zugrunde, die an die Musterbedingungen für die Krankentagegeldversicherung (MB/KT) angelehnt sind. In den Bedingungen wird die Versicherungsunfähigkeit, die zum vollständigen Verlust des Versicherungsschutzes führt, in der Regel dahingehend definiert, dass

  • der Versicherungsnehmer arbeitslos i. S. d. Sozialversicherungsrechts wird und keine Absicht hat, eine tariflich versicherbare Tätigkeit aufzunehmen, oder keine ernsthaften Bemühungen an den Tag legt, eine solche Tätigkeit aufzunehmen oder

  • es absehbar ist, dass der Versicherungsnehmer für einen längeren Zeitraum nur geringe Chancen hat, eine tariflich versicherte Tätigkeit zu finden.

In der Praxis bedeutet dies, dass eine länger andauernde Arbeitslosigkeit bereits dazu führen kann, dass der Versicherungsnehmer den Versicherungsschutz vollständig verlieren kann. Auch im Hinblick auf den Fortbestand des Versicherungsschutzes im Rahmen der privaten Krankentagegeldversicherung muss daher der Versicherungsnehmer Bemühungen an den Tag legen, eine tariflich versicherbare Tätigkeit aufzunehmen (also Bewerbungen schreiben, Vorstellungstermine wahrnehmen usw.).

Kommt es zum Reststreit über die Frage, ob Versicherungsunfähigkeit eingetreten ist, ist trägt zwar der Versicherer die volle Darlegungs- und Beweislast für den behaupteten Wegfall der Versicherungsfähigkeit (BGH, Urteil vom 17.10.2010, Az. IV ZR 259/08). Der Versicherer muss also beweisen, dass der Versicherungsnehmer keine versicherbare Tätigkeiten mehr ausüben will, kein ernsthaftes und intensives Bemühen um die Aufnahme einer versicherbaren Tätigkeit nachweist oder nur geringe oder keine Erfolgsaussichten für die Aufnahme einer zumutbaren tariflich versicherten Tätigkeit bestehen.

Diese Beweislastverteilung entbindet jedoch den Versicherungsnehmer nicht von seiner so genannten sekundären Darlegungslast. Nachdem der Versicherer nämlich nicht weiß, welche Bemühungen der Versicherungsnehmer zur Aufnahme einer Tätigkeit ausübt, hat der Versicherungsnehmer in einem gerichtlichen Verfahren darzulegen, dass und welche Bemühungen er unternommen hat, um eine weitere tariflich versicherte Tätigkeit aufzunehmen. Gegebenenfalls muss er auch darlegen, aus welchen Gründe eine Arbeitsaufnahme noch nicht erfolgt ist und aus welchen Gründen er aber damit rechnet, in absehbarer Zeit wieder einer Beschäftigung nachgehen zu können. In solchen Fällen müssen also generell alle Bewerbungen, Bewerbungsversuche und Bewerbungsgespräche dokumentiert werden, um im Rahmen eines Prozesses gegen den Krankentagegeldversicherer substantiiert vortragen zu können.

Dr. iur. Rasso Graber, LL.M. (EUR.)

Rechtsanwalt
Partner
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht

Nagihan Kaplan

Rechtsanwältin