Obliegenheiten des Versicherungsnehmers

Fachanwalt für Versicherungsrecht

Obliegenheiten im Versicherungsrecht – Was Sie wissen sollten

Im Rahmen des Versicherungsrechts spielen Obliegenheiten eine zentrale Rolle. Gerne werden in allen Versicherungsbereichen durch den Versicherer Leistungen mit dem Argument, dass gegen Obliegenheiten verstoßen worden sein soll, gekürzt oder ganz abgelehnt. Ganz grundsätzlich sollen Obliegenheiten dazu dienen, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer zu gewährleisten und Risiken fair zu verteilen. Doch was genau sind Obliegenheiten, und welche Konsequenzen kann die Verletzung dieser Pflichten für den Versicherungsnehmer haben?

Was sind Obliegenheiten?

Obliegenheiten sind Verhaltenspflichten, die einem Versicherungsnehmer auferlegt werden, um den Versicherungsschutz zu sichern. Im Unterschied zu Hauptleistungspflichten (wie der Beitragszahlung) handelt es sich bei Obliegenheiten nicht um einklagbare Verpflichtungen, sondern um Verhaltensvorgaben, deren Einhaltung im eigenen Interesse liegt.

Beispiele für Obliegenheiten sind:

- Anzeigepflicht: Vor Vertragsabschluss müssen alle geforderten Angaben wahrheitsgemäß gemacht werden.

- Schadenminderungspflicht: Im Schadensfall ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, den Schaden so gering wie möglich zu halten.

- Mitwirkungspflicht: Nach einem Schadensfall sind dem Versicherer alle erforderlichen Informationen bereitzustellen.

Konsequenzen bei Verletzung von Obliegenheiten

Die Missachtung von Obliegenheiten kann gravierende Folgen haben. Diese hängen davon ab, ob die Obliegenheit vor oder nach Eintritt des Versicherungsfalls verletzt wurde:


Vorvertragliche Obliegenheiten:
Wird beispielsweise die Anzeigepflicht bei Vertragsabschluss verletzt, kann der Versicherer unter bestimmten Voraussetzungen den Vertrag anfechten oder kündigen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die falschen Angaben den Vertragsabschluss beeinflusst haben.

Nachvertragliche Obliegenheiten:
Verstößt der Versicherungsnehmer während der Vertragslaufzeit gegen Obliegenheiten, wie etwa die Schadenminderungspflicht, kann dies zu einer Kürzung oder sogar zur Verweigerung der Versicherungsleistung führen. Voraussetzung dafür ist jedoch in der Regel, dass die Verletzung durch den Versicherungsnehmer vorsätzlich oder grob fahrlässig erfolgt ist.

Kausalität zwischen Verletzung und Schaden:
Oftmals muss ein Zusammenhang zwischen der Obliegenheitsverletzung und dem eingetretenen Schaden bestehen, damit der Versicherer leistungsfrei wird. Ohne einen solchen Zusammenhang bleibt der Versicherungsschutz häufig bestehen. Die Beweislast, dass eine Obliegenheitsverletzung keinen Schaden verursacht hat, liegt allerdings beim Versicherungsnehmer. Er muss den so genannten Kausalitätsgegenbeweis führen.

Warum ist die Einhaltung von Obliegenheiten wichtig?

Die Obliegenheiten dienen nicht nur dem Schutz des Versicherers, sondern auch der Absicherung des Versicherungsnehmers. Durch die Einhaltung dieser Pflichten trägt der Versicherungsnehmer dazu bei, dass sein Versicherungsschutz im Schadensfall ungeschmälert erhalten bleibt.

Dr. iur. Rasso Graber, LL.M. (EUR.)

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