Die private Krankenversicherung bietet umfangreichen Schutz bei Krankheit und ermöglicht eine individuelle Absicherung durch flexible Vertragsgestaltung. Zudem können die Beiträge gerade bei jüngeren Gutverdienern deutlich unter denen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) liegen. Ein Wechsel erscheint daher oftmals attraktiv, ist aber nicht risikolos.
Vor Vertragsabschluss wird der künftige Versicherungsnehmer durch den privaten Krankenversicherer im Antragsformular jedoch umfangreich und detailliert zu seinem Gesundheitszustand, seinen Beschwerden, zu erfolgten Untersuchungen und Arztbesuchen, also zu seiner allgemeinen Krankengeschichte befragt. Diese Angaben sollen dann in der Regel auch noch einen Zeitraum von mehreren Jahren umfassen. Kommt es hier zu Fehlern oder wird etwas übersehen, kann dies gravierende Konsequenzen nach sich ziehen. Die Versicherungsgesellschaft kann dann nämlich eine Verletzung von so genannten vorvertraglichen Obliegenheiten behaupten und den Rücktritt vom Versicherungsvertrag erklären, diesen kündigen oder ihn sogar wegen arglistiger Täuschung anfechten.
Die Erfüllung der Auskunftspflicht ist daher Voraussetzung für Entstehung und den Erhalt des Versicherungsschutzes. Ihre Erfüllung liegt daher grundsätzlich im Interesse des Versicherungsnehmers, damit ein bestandkräftiger Versicherungsschutz begründet werden kann und auch fortbestehen kann.
Das private Versicherungsunternehmen soll hingegen durch die Angaben des Versicherungsnehmers im Antragsformular eine sachgerechte Risikoeinschätzung vornehmen können und vorab den Umfang der konkret zu übernehmenden „Gefahr“ einschätzen können. Die Konsequenzen einer Obliegenheitsverletzung sind je nach Schwere der Verletzung eine komplette Leistungsfreiheit des Krankenversicherers oder eben Rücktritt, Kündigung oder Anfechtung des Krankenversicherungsvertrages.
Der Versicherer kann daher in der Regel wirksam vom Versicherungsvertrag zurücktreten, wenn der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nach § 19 Abs. 1 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) verletzt hat, weil er zuvor im Antragsformular falsche Angaben über das Bestehen von Vorerkrankungen gemacht hat oder gefahrerhebliche Erkrankungen verschwiegen hat. Das Gesetz vermutet hierbei, dass der Versicherungsnehmer vorsätzlich gehandelt hat (§ 19 Abs. 3 VVG). Der Versicherungsnehmer muss sich also vom vermuteten Vorsatz entlasten und trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass kein Vorsatz vorgelegen hat.
Aufgrund der Vorsatzvermutung kann der Versicherer also bei vorvertraglicher Anzeigepflichtverletzung vom Vertrag zurücktreten (§ 19 Abs. 2 VVG). Dies gilt auch bei grober Fahrlässigkeit. Wenn der Versicherungsnehmer einfach fahrlässig oder schuldlos gehandelt hat, besteht ein Kündigungsrecht nach § 19 Abs. 3 S. 2 VVG). Lediglich bei vertragsändernden Umständen und bei nicht vorsätzlichem Verhalten kann eine Vertragsanpassung in Betracht kommen. Weiter kann der Versicherungsvertrag aufgrund arglistiger Täuschung durch den Versicherer angefochten werden (§§ 22 VVG, 123 BGB).
Versicherungsnehmer sollten daher bei Antragsstellung unbedingt darauf achten, alle Gesundheitsfragen vollständig und wahrheitsgemäß zu beantworten. Auch scheinbar unbedeutende Beschwerden oder Behandlungen können für den Krankenversicherer nämlich relevant sein. Unklarheiten sollten mit dem Versicherer oder einem unabhängigen Berater geklärt werden, um spätere Streitigkeiten und Nachteile zu vermeiden.
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