Rechtsschutzversicherung

Die Bindungswirkung einer Deckungszusage des Rechtsschutzversicherers - Ihre Rechte als Versicherter

Die Rechtsschutzversicherung ist für viele Menschen eine wichtige Absicherung, um berechtigte Ansprüche vor Gericht durchzusetzen oder sich gegen unrechtmäßige Forderungen zu verteidigen. Doch was passiert, wenn der Rechtsschutzversicherer eine bereits erteilte Deckungszusage nachträglich in Frage stellt und die Kostenübernahme verweigert?


Was bedeutet eine Deckungszusage?

Die Deckungszusage ist die verbindliche Erklärung des Rechtsschutzversicherers, dass er für die Kosten eines bestimmten Rechtsstreits oder Ermittlungsverfahrens aufkommt – und zwar im Rahmen der vereinbarten Versicherungsbedingungen. Sobald eine solche Zusage erteilt wurde, verlassen sich Versicherte und deren Anwälte darauf, dass der Versicherungsschutz gewährt wird. Auf dieser Basis werden dann weitere Schritte eingeleitet, etwa die Beauftragung eines Anwalts, die Einholung von Gutachten oder die Einleitung gerichtlicher Verfahren.


Rechtsprechung: Die Deckungszusage als verbindliches Schuldanerkenntnis

Der Bundesgerichtshof (BGH) stellt mit seinem Urteil vom 16.07.2014 (Az.: IV ZR 88/13) unmissverständlich klar: Eine einmal erteilte Deckungszusage ist als Grundlage für das weitere außergerichtliche und gerichtliche Vorgehen von wesentlicher Bedeutung und daher für den Versicherer bindend. Sie stellt ein sogenanntes deklaratorisches Schuldanerkenntnis dar. Das bedeutet, dass der Versicherer nachträglich keine Einwände erheben kann, die ihm bereits bei der Erteilung der Zusage bekannt waren oder mit denen er hätte rechnen müssen.

Kurz gesagt: Hat der Versicherer einmal zugesagt, die Kosten für ein Verfahren zu übernehmen, kann er sich nicht einfach im Nachhinein darauf berufen, dass er die Situation anders bewerten würde.

Welche Einwände sind ausgeschlossen?

In der Praxis versuchen einige Versicherer dennoch, sich nachträglich von ihrer Verpflichtung zu lösen. Häufige Argumente sind:

  • Der Sachverhalt sei nun anders zu bewerten.
  • Die Gebühren des Anwalts seien unangemessen hoch.
  • Bestimmte Umstände seien erst nach der Zusage bekannt geworden.

Doch nach der geltenden Rechtsprechung ist dies nicht zulässig. Denn mit der Deckungszusage hat der Versicherer einen Vertrauenstatbestand geschaffen, auf den sich der Versicherte verlassen darf. Selbst wenn der Versicherer den Sachverhalt nachträglich anders einstuft, bleibt er an seine ursprüngliche Zusage gebunden.

Was tun, wenn der Versicherer seine Zusage widerruft oder die Zahlung verweigert?

Wenn ein Rechtsschutzversicherer trotz einer erteilten Deckungszusage die Kostenübernahme verweigert, gibt es mehrere Möglichkeiten, sich dagegen zur Wehr zu setzen:

  • Rechtsschutzversicherer in Schuldnerverzug setzen:

    Der Versicherer sollte schriftlich unter Fristsetzung zur Erfüllung seiner Verpflichtung aufgefordert werden. Dabei ist es hilfreich, sich auf die einschlägige Rechtsprechung zu berufen. Der Versicherer wird damit in Schuldnerverzug gesetzt

  • Beschwerde bei der Schlichtungsstelle:

    Falls der Versicherer weiterhin ablehnt, kann eine Beschwerde bei der Schlichtungsstelle für Versicherungen eingereicht werden.

  • Einschaltung eines spezialisierten Fachanwalts für Versicherungsrecht:

    Oft ist die rechtliche Auseinandersetzung mit einem Versicherer komplex. Wir unterstützen Sie dabei, Ihre berechtigten Ansprüche durchzusetzen – notfalls auch vor Gericht.

Fazit: Auch Ihr Rechtsschutzversicherer unterliegt Leistungstreuepflichten. Eine einmal erteilte Deckungszusage ist verbindlich. Wenn Ihr Versicherer versucht, sich nachträglich seinen Verpflichtungen zu entziehen, sollten Sie dies nicht einfach hinnehmen. Unser Fachanwalt für Versicherungsrecht ist auf die Durchsetzung von Versicherungsleistungen spezialisiert und steht Ihnen zur Seite.

Dr. iur. Rasso Graber, LL.M. (EUR.)

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Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht

Nagihan Kaplan

Rechtsanwältin

Deckungspflicht des Rechtsschutzversicherers bei negativer Feststellungsklage

Wer als vorgeblicher Schuldner mit einer nicht unerheblichen Forderung konfrontiert wird, befindet sich in einer belastenden Situation. Die Ungewissheit, ob die Forderung tatsächlich besteht, schränkt nicht nur die finanzielle Freiheit ein, sondern führt auch dazu, dass Rückstellungen gebildet und zusätzliche Zinsrisiken in Kauf genommen werden müssen. Hinzu kommt, dass gegebenenfalls Beweismittel vorgehalten werden müssen, um das Nichtbestehen der Forderung viel später einmal im Streitfalle belegen zu können.

In einem solchen Fall besteht die Möglichkeit, als Schuldner aktiv vorzugehen und mittels einer negativen Feststellungsklage gerichtlich feststellen zu lassen, dass die behauptete Forderung nicht besteht.

Wenn ein Rechtsschutzversicherungsvertrag besteht, der das betreffende Risiko abdeckt, muss ein Rechtschutzversicherer auch für eine negative Feststellungsklage Kostendeckung übernehmen. Es besteht nämlich ein berechtigtes Interesse des Versicherungsnehmers an der Erhebung einer solchen Klage. Diese wurde unter anderem in den Urteilen des AG Charlottenburg (15.03.1991, Az. 6 C 69/91), des AG München (22.04.2008, Az. 241 C 2934/08), des AG Düsseldorf (26.03.2010, Az. 43 C 3487/09) sowie des OLG Hamm (12.03.1999, Az. 20 U 82/98) bestätigt.

Haben Sie Fragen zum Umfang der Deckungspflicht von Rechtsschutzversicherungen?

Rechtsanwalt Dr. Rasso Graber, LL.M. (Eur.) ist langjähriger Fachanwalt für Versicherungsrecht. Nehmen Sie gern Kontakt mit ihm auf.