Eine private Unfallversicherung soll finanziellen Schutz bieten, wenn durch einen Unfall die körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit dauerhaft beeinträchtigt ist (Invalidität) oder der Versicherungsnehmer nicht mehr in der Lage ist, seinen Alltag wie gewohnt zu bewältigen. Der Versicherer soll unabhängig von der Ursache des Unfalls leisten und soll damit die Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, die nur bei Arbeits- oder Wegeunfällen greift, ergänzen. Das ist der Grundgedanke.
Wichtige Bestandteile eines solchen Versicherungsvertrags sind die Invaliditätsleistung, eine Unfallrente, Todesfallleistung sowie Zusatzleistungen wie Bergungskosten, Reha-Maßnahmen oder kosmetische Operationen. Besonders entscheidend ist die Höhe der Invaliditätssumme, die im Falle einer bleibenden körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung ausgezahlt wird.
Beispiel:
Ein Versicherungsnehmer rutscht im Winter auf Glatteis aus, stürzt schwer und erleidet eine schwere Kopfverletzung und eine dauerhafte Bewegungseinschränkung des rechten Arms. Der behandelnde Arzt diagnostiziert u.a. einen irreversiblen Sehnenriss, der zu einem Grad der Invalidität von 25 % führt.
Der Versicherer verweigerte jedoch die Auszahlung mit Verweis auf die hier geltenden Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB). Die dortige Klausel regelt, dass die Invalidität innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall eingetreten und ärztlich festgestellt sein muss. Weiter muss die Invalidität innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall beim Versicherer gemeldet worden sein. Das war vorliegend jedoch nicht erfolgt.
Diese Ausschlussfrist würde nur dann nicht greifen, soweit der Versicherungsnehmer die Frist aufgrund seiner Verletzungen nicht einhalten konnte. Nur in einem solchen besonderen Ausnahmefall lässt sich das Fristversäumnis entschuldigen. Die Geltendmachung muss dann unverzüglich nachgeholt werden. Im Fall gab es einen solchen Entschuldigungsgrund nicht.
Im Streitfall liegt die Beweislast dafür, dass ein Unfallereignis vorliegt und zu einer dauerhaften Beeinträchtigung geführt hat, beim Versicherungsnehmer. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, schon den genauen Hergang des Unfallereignisses und die gesundheitlichen Folgen umfassend zu dokumentieren. Es müssen daher insbesondere Zeugen und Lichtbilder dokumentiert werden, ggf. polizeiliche Feststellungen veranlasst werden. Unmittelbar nach einem Unfall sollten Betroffene zudem ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Es sollten Behandlungsberichte, Diagnosen und Atteste sorgfältig aufbewahrt werden. Eine lückenlose Dokumentation ist essenziell, um im Leistungsfall die Ansprüche gegenüber dem Versicherer geltend machen zu können.
Erschwerend kommt nämlich für den Verbraucher häufig hinzu, dass die Allgemeinen Unfallbedingungen ein für den Laien schier unüberschaubares Klauselwerk darstellen, folglich völlig intransparent erscheinen und damit häufig nicht verstanden werden können. Der Rettungsanker liegt dann häufig darin, dass entsprechende Klauseln aufgrund des gem. § 305 ff BGB anzuwendenden Rechtes der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) nicht wirksam in den Vertrag einbezogen wurden und auch ansonsten einer rechtlichen Inhaltskontrolle nicht standhalten.
Fazit:
Das Beispiel zeigt, dass Versicherungsnehmer auch bei scheinbar eindeutigen Sachverhalten auf mögliche Fristen und Bedingungen achten müssen, um ihre Ansprüche erfolgreich durchzusetzen. Auch hier erscheinen die von den Versicherern gestellten versicherungsvertraglichen Klauseln häufig als zu kompliziert und wenig verbraucherfreundlich. Juristischer Streit ist damit für viele Fälle vorprogrammiert. Gerichtliche Auseinandersetzungen aus dem Bereich der Unfallversicherung sind zahlenmäßig häufig und erfordern regelmäßig Spezialkenntnisse aus dem Versicherungsrecht bei beteiligten Gerichten und Rechtsanwälten. Vor diesem Hintergrund werden bei den Landgerichten auch Spezialkammern für Versicherungssachen gebildet.
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