Versicherung für fremde Rechnung (§ 43 VVG): Rechte, Pflichten und wer im Streitfall klagen kann

Versicherungen für Dritte – häufiger als gedacht

In der Praxis gibt es zahlreiche Fälle, in denen der Versicherungsnehmer nicht selbst die versicherte Person oder der wirtschaftlich Begünstigte ist. Ob im gewerblichen Bereich (z. B. Transportunternehmen, Spediteure) oder bei Alltagsversicherungen (z. B. Kfz-Versicherung auf den Halter, aber zugunsten des Fahrers) – Versicherungen für fremde Rechnung nach § 43 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) spielen eine zentrale Rolle.

Was ist eine Versicherung für fremde Rechnung?

Eine Versicherung für fremde Rechnung liegt vor, wenn der Versicherungsnehmer den Vertrag im eigenen Namen, aber für das Interesse einer anderen Person abschließt. Diese „andere Person“ – der sogenannte Versicherte oder Begünstigte – ist wirtschaftlich betroffen, wenn der Versicherungsfall eintritt.

Wer darf klagen? Aktivlegitimation und Prozessführungsbefugnis

In der gerichtlichen Praxis kommt es oft zu Verwirrung, wenn es darum geht, wer klagen darf (Prozessführungsbefugnis).

Einleitung: Drei Beteiligte – aber wer klagt?

Die Versicherung für fremde Rechnung gemäß § 43 VVG betrifft eine Konstellation mit drei Akteuren:

  • den Versicherer (als Leistungsschuldner),
  • den Versicherungsnehmer (als Vertragspartner) und
  • die versicherte Person (als wirtschaftlich Betroffenen).

Im Schadensfall stellt sich die zentrale Frage:

Wer ist aktivlegitimiert und wer darf vor Gericht die Versicherungsleistung einklagen?

Aktivlegitimiert ist die versicherte Person, ihm stehen die Rechte aus dem Versicherungsvertrag zu. Die Frage ist, wer prozessführungsbefugt ist, wer also im eigenen Namen ein fremdes Recht geltend machen kann.

Grundsatz: Der Versicherungsnehmer ist gemäß § 45 Abs. 1 VVG prozessführungsbefugt

Im Ausgangspunkt ist der Versicherungsnehmer prozessführungsbefugt, denn:

  • er ist Vertragspartner des Versicherers, er zahlt die Prämien und er ist Inhaber der vertraglichen Ansprüche (§ 194 BGB).
  • Er kann Zahlung an sich verlangen

Er kann also jederzeit klagen, auch wenn er wirtschaftlich nicht selbst betroffen ist. Er handelt dann als formeller Anspruchsinhaber, etwa bei einer Transportversicherung, die zugunsten des Warenempfängers abgeschlossen wurde.

Ausnahme: Die versicherte Person ist prozessführungsbefugt (§44 Abs.2 VVG)

  • Wenn er in Besitz des Versicherungsscheins ist, § 44 Abs. 2 VVG oder
  • der VN die Ansprüche gegenüber dem Versicherer ohne billigenswerte Gründe nicht geltend macht

Rück-Ausnahme: VN ist prozessführungsbefugt

  • Wenn er nach den geltenden Versicherungsbedingungen ausschließlich zur Geltendmachung befugt ist

Rück-Rück-Ausnahme: versicherte Person prozessführungsbefugt

In seltenen Konstellationen stellt sich die Frage, ob die versicherte Person dennoch nicht klagen darf, etwa wenn:

  • der Versicherer sich vorab auf die versicherte Person eingelassen hat oder
  • ein schutzwürdiges Interesse des Versicherers fehlt.

Überblick der typischen Anwendungsbereiche

Kfz-Versicherung: Das Fahrzeug ist auf den Halter versichert, gefahren wird es jedoch regelmäßig von Dritten, z. B. Familienangehörigen.

Gebäudeversicherung bei Mietverhältnissen

Der Eigentümer versichert das Gebäude, der Mieter ist wirtschaftlich betroffen bei z. B. Feuer- oder Leitungswasserschäden. Auch der Mieter kann berechtigt sein, Ansprüche geltend zu machen, wenn er ein eigenes versichertes Interesse nachweisen kann.

Hausratversicherung: Eltern versichern den Hausrat in einer Wohnung, in der ihr volljähriges Kind lebt – bei Diebstahl kann das Kind das wirtschaftlich interessierte Subjekt sein.

Unfallversicherung für Mitarbeiter: Ein Unternehmen schließt Policen auf eigene Rechnung, aber zugunsten einzelner Beschäftigter ab.

Transportversicherung

Ein Klassiker: Der Verkäufer versichert Ware für den Käufer. Bei Transportschäden kann der Käufer als Versicherter direkt gegen den Versicherer klagen.

Lebensversicherung auf fremdes Leben

Hier wird z. B. eine Lebensversicherung zugunsten eines Dritten abgeschlossen (etwa durch ein Unternehmen für einen Geschäftsführer). Der Begünstigte hat Prozessführungsbefugnis, sobald die Bezugsberechtigung unwiderruflich festgelegt wurde.

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Dr. iur. Rasso Graber, LL.M. (EUR.)

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Nagihan Kaplan

Rechtsanwältin