Makler oder Vertreter – was wie ein formaler Unterschied klingt, kann über den Erfolg Ihrer Klage entscheiden
Wenn Sie eine Versicherung abschließen, haben Sie in der Regel nicht direkt mit dem Versicherer zu tun, sondern mit einem Vermittler. Doch nicht jeder Vermittler haftet gleich. Die zentrale Frage lautet: Handelt es sich um einen Versicherungsvertreter oder um einen Versicherungsmakler? Denn davon hängt ab, wer im Schadensfall für Beratungsfehler haftet – und auf wen Sie klagen müssen.
Wer steht in wessen „Lager“ – und warum ist das entscheidend?
Im Versicherungsvertragsrecht ist entscheidend, in wessen „rechtlicher Sphäre“ (auch: Lager) ein Vermittler handelt:
- Der Versicherungsvertreter ist dem Versicherer zugeordnet – er handelt in dessen Lager.
➤ Beratungsfehler und Falschangaben des Vertreters werden dem Versicherer zugerechnet (§ 278 BGB). - Der Versicherungsmakler ist dem Versicherungsnehmer zugeordnet – er steht in dem Lager des Kunden.
➤ Fehler des Maklers – auch bei der Antragstellung – fallen dem Versicherungsnehmer selbst zur Last.
Fazit: Wer einen Makler beauftragt, trägt dessen Fehler selbst. Wer über einen Vertreter abschließt, kann sich Fehler des Vermittlers dem Versicherer zurechnen lassen – und so den Deckungsschutz retten.
Typische Konstellation: Falsch ausgefüllte Antragsformulare
Häufige Streitfälle entstehen, wenn im Antragsformular Gesundheitsfragen oder Vorschäden nicht korrekt angegeben wurden.
Doch wer hat falsch geantwortet – der Versicherungsnehmer oder der Vermittler?
- Bei Versicherungsvertretern: Wird das Formular durch den Vertreter falsch oder unvollständig ausgefüllt, haftet regelmäßig der Versicherer für diese Pflichtverletzung.
➤ Der Kunde kann auf Leistung klagen, da ihm das Fehlverhalten nicht zugerechnet wird.
- Bei Versicherungsmaklern: Hier liegt die Verantwortung für die Angaben beim Versicherungsnehmer. Selbst wenn der Makler das Formular ausgefüllt hat, wird ein Fehler dem Kunden zugerechnet.
➤ Der Versicherer kann dann wegen vorvertraglicher Anzeigepflichtverletzung (§ 19 VVG) vom Vertrag zurücktreten oder die Leistung verweigern.
Das bedeutet: Wer über einen Makler versichert ist, sollte jede Angabe im Antrag genau prüfen – denn im Streitfall trifft ihn die volle Verantwortung.
Strategischer Vorteil: Klage auf Versicherungsleistung – nicht auf Schadensersatz
In der Praxis ist es für Versicherungsnehmer deutlich vorteilhafter, auf Leistung aus dem Versicherungsvertrag zu klagen, anstatt einen langwierigen Haftungsprozess gegen den Makler führen zu müssen. Denn:
- Bei der Leistungsklage geht es um vertraglich geschuldeten Schutz.
- Der Versicherer kann sich nicht auf Fehler seines eigenen Vertreters berufen.
- Die Beweishürde ist in der Leistungsklage meist niedriger als im Maklerregress.
Fazit: Vermittlerrolle frühzeitig klären – rechtlich besser aufgestellt sein
Wenn es zum Streit mit dem Versicherer kommt, zählt nicht nur, was im Antrag steht – sondern wer den Antrag vermittelt hat. Lassen Sie sich daher immer schriftlich bestätigen, ob Sie mit einem Makler oder Vertreter sprechen.
Im Ernstfall macht das den Unterschied zwischen:
- voller Leistung des Versicherers
oder - Leistungsablehnung und einem aufwändigen Regressverfahren gegen den Makler
Gerne unterstützen wir Sie bei der strategischen Aufarbeitung von Versicherungsfällen, der rechtssicheren Antragstellung und der Durchsetzung Ihrer Ansprüche gegen den Versicherer – auch in komplexen Vermittlerkonstellationen.
Dr. iur. Rasso Graber, LL.M. (EUR.)
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Nagihan Kaplan
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