Seit dem 26.10.2022 können Arbeitgebende ihren Mitarbeitenden nach § 3 Nr. 11 c) Einkommensteuergesetz (EStG) steuer- und abgabenfrei einen Geldbetrag von bis zu 3.000,00 Euro als Inflationsausgleichsprämie gewähren. Der Begünstigungszeitraum für die Inflationsausgleichsprämie ist bis zum 31.12.2024 befristet. Es gilt das sog. Zuflussprinzip. Maßgeblich ist also der Zeitpunkt des „Zuflusses“ der Prämie beim Arbeitnehmenden, also der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitnehmende über die Prämie verfügen kann. Die Prämie von 3.000,00 Euro kann auch beliebig gestückelt werden. Sie kann in beliebigen Teilbeträgen ausgezahlt werden (also beispielsweise monatlich 200,00 Euro bis zur Höchstgrenze von 3.000,00 Euro).
Es handelt sich in um eine freiwillige Zahlung des Arbeitgebenden. Ein rechtlicher Anspruch des Arbeitnehmenden auf die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie besteht grundsätzlich nicht. Ausnahmsweise kann sich ein Anspruch auf Zahlung jedoch aus einem das Arbeitsverhältnis erfassenden Tarifvertrag ergeben.
Das kann jedoch unter dem Gesichtspunkt des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes anders sein. Dieser Grundsatz verpflichtet Arbeitgebende, Arbeitnehmende oder Gruppen von Arbeitnehmenden, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regelung gleich zu behandeln. Damit verbietet der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz nicht nur die willkürliche Schlechterstellung Einzelner innerhalb der Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung.
Der Gleichbehandlungsgrundsatz findet im Bereich der Vergütung - unter Beachtung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit - Anwendung, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgebende die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder einen bestimmten Zweck festlegt (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.07.1988 - 5 AZR 244/87). Dem Arbeitgebenden ist es verwehrt, einzelne Arbeitnehmende oder Gruppen aus unsachlichen oder sachfremden Gründen von einer Erhöhung der Arbeitsentgelte auszuschließen (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31.08.2005 - 5 AZR 517/04). Nach dem mit der Leistung verfolgten Zweck ist zu beurteilen, ob der ausgeschlossene Personenkreis zu Recht ausgenommen wird. Bei einer Gruppenbildung hat der Arbeitgebende die Gründe für die Differenzierung offen zu legen, und zwar so, dass beurteilt werden kann, ob die Gruppenbildung sachlichen Kriterien entspricht. Ist die unterschiedliche Behandlung nach dem Zweck der Leistung nicht gerechtfertigt, hat die benachteiligte Gruppe oder auch der Einzelne einen Anspruch darauf, so behandelt zu werden wie die begünstigte Gruppe und die vorenthaltene Leistung zu erhalten (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.05.1978 – 5 AZR 132/77).
Als zulässiger Differenzierungsgrund für die Inflationsausgleichsprämie kommen insbesondere allgemein die Höhe des Gehalts oder soziale Aspekte (z. B. Familienstand) in Betracht, da die Inflation – auch wenn sie jeden betrifft – untere Einkommensgruppen und Familien spürbar stärker belastet. Zulässig dürfte es auch sein, die Prämie Teilzeitbeschäftigten nur entsprechend dem Anteil ihrer Arbeitszeit auszuzahlen. Die Inflationsausgleichsprämie darf dagegen ihrer Zielsetzung nach jedoch weder die Betriebstreue noch körperliche Belastungen, Anwesenheitszeiten oder gute Leistungen belohnen (z. B. Zahlung ausschließlich an Leistungsträger, Differenzierung nach körperlichen Belastungen am Arbeitsplatz, Differenzierung nach Betriebszugehörigkeit, Herausnehmen von Mitarbeitenden in der Probezeit, Herausnehmen von langzeiterkrankten Mitarbeitenden).
In verfassten Betrieben, das heißt in Unternehmen mit einem Betriebsrat gelten diese Grundsätze jedoch nur eingeschränkt, wenn eine Betriebsvereinbarung über die Verteilung der Inflationsausgleichprämie geschlossen wird. Da in einem solchen Fall der Betriebsrat als Interessenvertretung eine Art „Kontrollinstanz“ darstellt und sich mit den Differenzierungskriterien einverstanden erklärt, sind hier weniger strenge Maßstäbe anzulegen. Gänzlich willkürliche oder gar diskriminierende Regelungen sind jedoch auch in diesem Fall nicht möglich. Eine Gruppenbildung allein nach dem Alter, dem Geschlecht oder sonstigen Merkmalen des § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) wäre unzulässig. Das generelle Herausnehmen von Teilzeitbeschäftigten oder befristet Beschäftigten oder geringfügig Beschäftigten ist auch dann nicht zulässig.